■ Castor: Merkel will neue Zwischenlager in Süddeutschland
: Vorsicht, Falle!

Die von einigen schon totgesagte Anti-Atom-Bewegung hat es in den letzten zwei Wochen geschafft, die Propagandamaschinerie von Atomindustrie und manchen Politikern ins Leere laufen zu lassen. Das ist erst einmal ein Sieg. Die Blockierer der Atomtransporte nach Gorleben wurden von offizieller Seite als kriminell, anmaßend und dumm abgetan. Doch vor Ort im Wendland und anderswo haben sie gezeigt, daß sie mit einer Mischung aus Kreativität und Besorgnis fundiert Politik machen können.

So könnte der Castor-Protest auch ein Lehrstück über die Verwirklichung von Bürgerrechten sein – auch für andere Bereiche als die Atompolitik. Das aber fürchten deutsche Politiker wie der wendländische Bauer die Castoren. Anders als z.B. in Skandinavien werden hierzulande kontroverse Themen im Hinterzimmer ausgekungelt und dann mit Hilfe der Staatsgewalt vollzogen. Das soll bei der Energiepolitik auch so bleiben. Die Stromkonzerne, Merkel, Kanther & Co haben mit dem Castor-Sixpack geheizt. Nun wollen sie Dampf aus dem Kessel ablassen.

Genau hier droht die Falle für die Anti-Atom-Bewegung. Die Bonner Regierung und die Energiekonzerne sind offiziell zu neuen Konsensgesprächen bereit. Schließlich müssen in Zukunft wesentlich mehr Castoren pro Jahr entsorgt werden, wenn die AKW ungestört weiterlaufen sollen. Da ist die Rede von Verteilung der Lasten – gemeint sind neue Zwischenlager im Süden der Republik, vielleicht sogar bei jedem Atomkraftwerk eines. Dann müßten nicht alle Strahlentransporte ins Wendland geprügelt werden. Die hochradioaktive Fracht könnte über den Hof in eine Halle gefahren werden, und damit basta. Die AKW würden noch Jahrzehnte weiter Strom und damit Strahlenmüll produzieren.

Die Arbeit für ein baldiges Ende des Atomstaates wird also schwieriger. Demnächst wird es an Gesprächsangeboten an die SPD und vielleicht auch an die Atomgegner nicht mangeln. Der Widerstand soll sich nicht mehr an einem Ort wie beim Castor-Transport kristallisieren können. Nur über eines wird die Atomlobby nicht reden wollen: einen Zeitpunkt für den Ausstieg. In diesem Fall ist es besser, Konsensgespräche abzubrechen und die Kosten der AKW weiter in die Höhe zu treiben. Vielleicht will die Atomindustrie nur diese Sprache verstehen. Reiner Metzger