Nie wieder Sonnenlicht

■ Südafrika will Bergwerksschächte als Hochsicherheitsgefängnisse nutzen

Johannesburg (taz) – In Südafrikas Gefängnissen sitzen derzeit 125.000 Häftlinge ein. Platz ist dort aber nur für etwa 97.000 Menschen. Um diesem Mißstand Abhilfe zu leisten, will die Regierung jetzt ungewöhnliche Maßnahmen ergreifen: Ein hoher Beamter im „Ministerium für korrigierende Dienste“ hat vorgeschlagen, stillgelegte Bergwerkschächte als Hochsicherheitsgefängnisse zu nutzen. Doch Khulekani Sithole, einem Staatssekretär vergleichbar, ging noch weiter. Es gebe, so sagte er öffentlich, in Südafrika Gewaltverbrecher, die nicht bereit seien, sich an die Normen eines demokratischen Staates anzupassen. „Sie sind Tiere. Sie dürfen nie wieder das Sonnenlicht sehen.“

Die Äußerungen des Mannes, der erst ein paar Wochen im Amt ist, haben in Südafrika die ohnehin hitzige Debatte über Kriminalität und das Justizsystem erneut hochkochen lassen. Verschiedene Menschenrechtsorganisationen haben die Vorschläge als „barbarisch“ kritisiert. „Die Idee verstößt gegen die Gesetze und gegen die Verfassung“, sagte Barney Pityana, Vorsitzender der Menschenrechtskommission. Auch die Kirchen reagierten scharf. Der neue Erzbischof der Anglikanischen Kirche, Njongonkulu Ndungane, einst politischer Häftling auf Robben Island, sagte, die Vorschläge machten ihn schaudern. Schon jetzt seien die Zustände in Südafrikas Gefängnissen oft untragbar.

Während ausgerechnet die Nationale Partei sofort den Rücktritt Sitholes forderte, blieb es in der Regierung auffällig ruhig. Sitholes Chef, Minister Sipo Mzimela (Inkatha Freiheitspartei), erklärte am Mittwoch abend in einem Fernsehinterview, man müsse solche Möglichkeiten prüfen. Der größere Koalitionspartner aber, der Afrikanische Nationalkongreß (ANC), ist zu keiner Stellungnahme bereit.

Um das Problem der Gewaltkriminalität in den Griff zu bekommen, erwägt Justizminister Dullah Omar (ANC) eine Verschärfung der liberalen Kautionsregelungen. Selbst Mörder und Vergewaltiger kommen derzeit gegen Kaution auf freien Fuß. Werden aber die Gesetze verschärft, ist mehr Platz in den Gefängnissen erforderlich.

Vielen Südafrikanern sind die Vorschläge Sitholes aus dem Herzen gesprochen. Aber eben nicht allen: Dagegen, die Täter als Tiere zu bezeichnen, protestiert jetzt lauthals der Tierschutzverein: Tiere seien besser als Menschen und würden nur töten, um Nahrung zu beschaffen. Sithole solle die Schwerverbrecher besser als „Untermenschen“ bezeichnen. Kordula Doerfler