Der Frankfurter Stadtkämmerer Tom Koenigs, einer der wenigen kompetenten Finanzpolitiker der Grünen, ist gefeuert. Ein schneller Streich der CDU-Oberbürgermeisterin Petra Roth. Ein Signal für eine schwarz-rote Koalition? Von Heide Platen

Und raus bist du!

Das war knapp und effektiv: Ganze sieben Minuten brauchte Frankfurts CDU-Oberbürgermeisterin Petra Roth am Mittwoch abend, um ihrem grünen Stadtkämmerer Tom Koenigs mitzuteilen, daß er als Stadtkämmerer gefeuert ist. Gleich anschließend war die Presse geladen: Kühl erklärte Petra Roth, sie habe Koenigs informiert, „daß wir in maßgeblichen Grundsatzfragen nicht einer Meinung waren und sind“, ihm aber trotzdem für seine bisherige dreieinhalbjährige Arbeit gedankt. Sie wünsche sich eine gewerbe- und industriefreundlichere Abgabenpolitik und die Abschaffung von Bagatellsteuern. Umgesetzt werden soll dieses Finanzprogramm für die hochverschuldete Mainmetropole von Albrecht Glaser (CDU), der jetzt im Dreierpack Finanz-, Wirtschafts- und Gesundheitsdezernent ist. Petra Roth hat nur drei Tage gebraucht, um mit ihrem „Handstreich“ (so die verwetterten Bündnisgrünen) Konsequenzen aus der Kommunalwahl vom Sonntag zu ziehen. Da hatte die CDU um 2,9 Prozent auf 36,3 Prozent zugelegt; die SPD war um dieselbe Marge auf 29,1 Prozent, ihr schlechtestes Ergebnis seit 1945, abgesackt; und Bündnis 90/Die Grünen hatten mit einem Wähleranteil von 16,9 Prozent ebenfalls 2,9 Prozent hinzugewonnen. Es sei an der Zeit, meinte Roth, das entscheidende Finanzressort jetzt der stärksten Partei zuzuschanzen.

Die Entmachtung Tom Koenigs kommt ihr sicher auch deswegen gelegen, weil dieser als bundesweit beachteter Experte für kommunale Finanzen und einer der wenigen kompetenten Finanzpolitiker gilt, über die die Bündnisgrünen verfügen (siehe Portrait). Mit einem drastischen Sparporgramm zog er für Frankfurt die Notbremse: Investitionsstopp, Verwaltungsreform, Einschnitte beim Personalhaushalt, Kürzungen sogar im Umwelt- und Kulturetat, dafür aber möglichst sanfte Streichungen im Sozialbereich hießen die Eckpunkte dieser Politik. Trotzdem sah Koenigs die Lage der Großstädte in Deutschland verzweifelt, falls es nicht grundlegende Änderungen der Verteilungspolitik gebe: „So wie bisher können wir keine zehn Jahre mehr weiterleben“, sagte er schon 1995.

Gleichzeitig mit der Entlassung Koenigs setzte die CDU im Römer gestern ein anderes, kaum mißzuverstehendes Signal. Sie lobte den erst am Mittwoch wiedergewählten Fraktionschef Bernhard Mihm, parteiintern ein Gegner der Oberbürgermeisterin, von der Spitzenposition weg zum eher repräsentativen Amt des Stadtverordnetenvorstehers. Mihm war immer wieder durch besonders reaktionäre Äußerungen aufgefallen. Er soll nun durch den Pragmatiker und Roth-Anhänger Edwin Schwarz abgelöst werden.

Die Frankfurter SPD beeilte sich, zu versichern, daß sie das alles gar nicht gut fände. Fraktionsvorsitzende Rita Streb-Hesse nannte den für die Stadt einschneidenden Schritt allerdings recht verhalten „Personalspielchen, die kein einziges Problem lösen“. Sie forderte einen „Runden Tisch der demokratischen Parteien“. Aber auch die SPD brachte ihr Personalkarussell in Schwung. Sie drängte ihren Fraktionschef Günter Dürr und den stellvertretenden Parlamentsvorsteher Hans Busch erfolgreich zum Rücktritt. Dürr soll in der Vergangenheit maßgeblich an der Demontage der beiden SPD-Oberbürgermeister, Volker Hauff und Andreas von Schoeler, beteiligt gewesen sein, die er als „Schickimickis“ der Modernisierung attackierte. Busch geriet als Parteirechtsaußen in die Kritik, weil ihm bei entscheidenen Abstimungen im Stadtparlament geheime Absprachen mit den „Republikanern“ nachgesagt wurden. Als neuer Fraktionsvorsitzender wurde Franz Frey vorgestellt, der als verbindlicher Pragmatiker gilt.

Petra Roths Vorstoß hat den bisherigen Frankfurter Politkonsens gründlich durcheinandergebracht. Noch am Wahlabend hatte die Oberbürgermeisterin – mit Blick auf die rechtsradikalen „Republikaner“ – die reibungslose schwarz-rot-grüne Zusammenarbeit im Magistrat eingefordert, die sie nur drei Tage später gezielt zerstört hat. Ohne die Reps nämlich hat die CDU auch mit der kleinen FDP-Fraktion zusammen nicht die Mehrheit gegen Rot-Grün.

Die Grünen sehen jetzt alles auf ein schwarz-rotes Bündnis zumindest in wesentlichen Sachfragen hinauslaufen. Koenigs und seine bündnisgrüne Kollegin Jutta Ebeling aber halten an den verbleibenden Magistratsposten fest: Koenigs wurde 1993 vom Stadtparlament auf acht Jahre als Umweltdezernent gewählt, Ebeling als Schuldezernentin. Als Kämmerer konnte Petra Roth Koenigs loswerden, weil er nicht gewählt, sondern von ihrem Vorgänger Andreas Schoeler ernannt worden ist. Dies ist nach der hessischen Kommunalwahlordnung zulässig. Jetzt kam es Petra Roth zugute.