40 ist das entzückendste, bezauberndste Alter

■ Die Künstlerin Lotti Huber über Frauenbewegung, Liebe und Alter

taz: Was ist für Frauen heute aus Ihrer Sicht am wichtigsten?

Lotti Huber: Meine Message an die Frauen heute ist: Selbstbewußtsein haben, sich nicht in Abhängigkeiten begeben, auch nicht in erotische oder sexuelle, ihre Sexualität nach eigenem Gutdünken genießen und SELBSTÄNDIG sein.

Welche Bedeutung hat für Sie die Frauenbewegung der letzten 30 Jahre?

Die Frauenbewegung gab's ja schon, da wart ihr noch nicht mal ein Blinzeln in der Pupille eures Vaters! Das begann doch mit der Weimarer Verfassung, als wir anfingen, Abitur zu machen und an die Universitäten zu gehen. Hitler hat das dann alles wieder aufs Mutterkreuz, Kinder und Küche reduziert, und die Frauen haben das entsetzlicherweise begeistert akzeptiert.

Haben Sie sich als Frau jemals diskriminiert gefühlt?

Nie!! Aber bei mir ist das auch was anderes, ich bin Künstlerin. Aber das Wichtigste ist doch, daß sich eine Frau durchsetzt. Die Leute sagen über mich ja auch Sachen, die ausgesprochener Blödsinn sind. „Die hat ja einen Klaps, warum geht die nicht mit ihrem Dackel spazieren oder begießt die Blumen auf ihren Balkon und springt statt dessen noch auf der Bühne rum?“

Da lach' ich nur drüber. Da setze ich mich gar nicht mit auseinander. So etwas sagen nur Menschen, die selber nicht die Kraft haben, sich durchzusetzen.

Was heißt es für Sie, Frau zu sein?

Na, hör'n Se ma'! (Schallendes Lachen) Was für eine entzückende Frage! Frau sein, das heißt für mich zu lieben und auch zu Männern eine glückliche Beziehung zu finden, denn Mann und Frau gehören zusammen, so schwer das auch ist.

Wie stehen Sie zu Ihrem Körper?

Meinen Körper fand ich immer wundervoll, den hab' ich immmer sehr gehegt und gepflegt und geliebt. Ich habe zu meinem Körper immer „JA!“ gesagt.

Würden Sie heute noch Nacktszenen drehen?

In meinem Film „Anita“, als ich mit 75 Jahren meinen Hintern zeigte, da fand ich den noch ganz ansehnlich. Heute würde ich das nicht mehr tun. Nicht aus moralischen Gründen, sondern aus ästhetischen. Ich finde mich einfach nicht mehr schön genug.

Hat Sex im Alter für Sie eine andere Qualität gewonnen?

Die Liebe hat eine andere Qualität gewonnen. Im Alter ist die Liebe wichtiger als Sex. Im Alter! Nicht in der Jugend. Da ist Sex wichtiger, denn Sex ist ein Ausdruck des Lebens. Aber im Alter ist der Ausdruck des Lebens Toleranz, Verständnis, Liebe und Zärtlichkeit.

Glauben Sie, daß Alter ein Tabu in unserer Gesellschaft ist?

Was für ein Tabu? Das ist alles so ein Quatsch. Auf der Bühne setze ich mein Alter bewußt ein, weil es mir Spaß macht und weil ich Mut machen will.

Mut wozu?

Es ist doch Wahnsinn, daß Frauen glauben, mit 40 sei alles vorbei. 40 ist das entzückendste, bezauberndste, herrlichste Alter: sie haben Wissen, sehen wunderbar aus, die Liebe ist noch da – und diese Frauen setzen sich in eine Ecke und sagen: „Bei mir ist alles gelaufen.“ Gar nichts ist gelaufen. Es ist eine wunderbare Sache, und das versuche ich den Frauen beizubringen.

Ab 40 wird das Leben also erst richtig interessant?

Mit 40 beginnt das Leben für eine Frau erst richtig, wenn sie es zu nutzen weiß. Wie alt sind Sie denn überhaupt?

21.

Ach, mein Schätzchen, deswegen stellen Sie so blöde Fragen! Interview: Ania Mauruschat