Fünf Jahre Südost Europa Kulturzentrum

■ Von der Kriegsflüchtlingsbetreuung zur Rückkehrhilfe. Raus aus der Lethargie

„Um hier zu arbeiten, braucht man die Kraft eines Löwen, die Geduld eines Kamels und die Psychologie eines Kindes“, beschreibt Rajko Djuric, Präsident der internationalen Roma-Union, die Arbeit im Südost Europa Kulturzentrum, das gestern seinen fünften Geburtstag feierte.

Geschäftsführerin Bosiljka Schedlich zog gestern Bilanz: Kümmerte sich das Zentrum 1992 um die 32.000 JugoslawInnen, die damals schon lange in Berlin lebten und plötzlich vor die Frage gestellt waren, ob sie zu Kroatien, Serbien oder Bosnien-Herzegowina gehörten, sind in den Folgejahren immer mehr Kriegsflüchtlinge gekommen, die im Kulturzentrum Hilfe suchten. „Aus Freunden wurden plötzliche Feinde“, erinnert sich Bosiljka Schedlich, die aus Kroatien kommt. Zwar sei der Krieg vorbei, so die Geschäftsführerin, aber der Friede habe im ehemaligen Jugoslawien noch nicht begonnen. Heute lebten in Berlin rund 45.000 Kriegsflüchtlinge. „Die Kultur gab uns Halt, sowohl uns, die hier arbeiten, als auch den Flüchtlingen. Es war etwas Positives in diesen unmenschlichen Zeiten.“

Neben Rechtsberatungen und Ausbildungshilfen für Jugendliche ist ein wichtiger Punkt der Arbeit des Zentrums die ärztliche und psychologische Betreuung von Kriegsflüchtlingen. Viele der 18 MitarbeiterInnen, wie Adina Zlovic, mußten selbst vor dem Krieg in ihrem Heimatland fliehen. Die Bosnierin ist 1993 mit ihrem kroatischen Ehemann und ihrer fünfjährigen Tochter nach Berlin gekommen. „In meinem Ort, der jetzt zu Bosnien gehört, werden Menschen anderer Nationalität vertrieben. Soll ich mich jetzt scheiden lassen und das Kind teilen?“ fragte sie auf der gestrigen Pressekonferenz.

Heute bereiten die MitarbeiterInnen die Flüchtlinge auf die Rückkehr vor: „Sie müssen sich Gedanken machen, was sie wollen. Der Druck von der Politik hier heißt, kehrt zurück, ob sie wissen, wohin oder nicht“, sagt Geschäftsführerin Schedlich. Bisher hätten sich die meisten bosnischen Flüchtlinge „in Ghettos“ eingeschlossen. „Sie müssen raus aus der Lethargie und ihr Leben wieder in die Hand nehmen“, fordert die Geschäftsführerin. Bei Veranstaltungen werden die Kriegsflüchtlinge über die Lage in ihrer Heimat und über die Rückkehrhilfen informiert. „Aber wenn sie hierbleiben wollen, dann sagen wir ihnen, an welche Türen sie klopfen sollen“, so Bosiljka Schedlich. Für viele gibt es keinen Platz, wie zum Beispiel für die 14.000 Roma, die in Berlin leben. Um ihnen zu helfen, wurde unter dem Dach des Kulturzentrums ein Roma-Kulturzentrum eingerichtet. Nathalie Daiber