Pleite für baskische Nationalisten

■ Ein Aufruf zum Generalstreik wurde nur dort befolgt, wo Herri Batasuna bei den letzten Parlamentswahlen viele Stimmen erhielt

San Sebastian (taz) – Das Plakat, mit dem die nationalistische baskische Partei Herri Batasuna (HB) gestern zum Protest aufrief, suggerierte Kampfbereitschaft: eine überdimensionale Faust, die auf den Tisch haut, darüber in großen Buchstaben „Generalstreik“. Doch der Aufruf wurde kaum befolgt.

Trotz gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen meist jugendlichen Streikposten und der Polizei wurde das öffentliche Leben nicht lahmgelegt. In den Fabriken wurde gearbeitet, Bahnen und Busse fuhren, und in den großen Städten waren fast alle Geschäfte geöffnet, obwohl die meisten Besitzer bereits vor Tagen eine Extraeinladung per Post erhalten hatten, in der es hieß: „Du, Geschäftsmann, mußt als wichtiges Element dieser Gesellschaft verantwortungsbewußt handeln (...) und den Protest als aktiver Teil mittragen.“ Mit dem Generalstreik sollte die Bevölkerung dagegen protestieren, daß die Justizbehörden gegen 18 Vorstandsmitglieder von Herri Batasuna wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ – gemeint ist die separatistische Untergrundorganisation ETA – ermitteln. HB hatte im letzten Wahlkampf ein Video einsetzen wollen, bei dem drei Vermummte im Namen der ETA ihre Bedingungen für einen Waffenstillstand im Konflikt mit der Zentralregierung darlegten. Die 18 Beschuldigten sitzen jetzt in Untersuchungshaft, nachdem sie sich geweigert hatten, einer richterlichen Vorladung nach Madrid zu folgen.

Dem Streikaufruf folgte nur die Bevölkerung solcher Stadtteile und Dörfer, in denen HB auf einen hohen Stimmenanteil kam, wie etwa die Altstadt von San Sebastian. Hier öffneten nur ganz vereinzelt Geschäfte. Die Rolläden vor den Schaufenstern geschlossen, beobachteten die Besitzer von der Tür aus argwöhnisch die Straße und mögliche Kunden, aus Angst vor gewalttätigen Streikposten.

In Hernani, einem Dorf zehn Kilometer vor den Toren der Provinzhauptstadt, wo HB 39 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereint, wurde der Streik zu 100 Prozent befolgt, wie örtlich Vertreter von Herri Batasuna stolz verkündeten. „Die meisten von uns machen doch nur aus Angst mit“, gibt die Inhaberin eines kleinen Miederwarenladens demgegenüber zu bedenken. Ihr Geschäft blieb geschlossen, obwohl Regierung und Handelskammer dazu aufgerufen hatten, „den radikalen Nationalisten die Stirn zu bieten“ und sich nicht einschüchtern zu lassen. Reiner Wandler