Kohlewut im Revier

Bonn will Steinkohlesubventionen drastisch kürzen. Kumpel besetzten alle Zechen  ■ Aus Bochum Walter Jakobs

Mit zahlreichen spontanen Protestaktionen haben gestern die Bergleute im Revier und im Saarland auf das Spitzengespräch mit Bundeskanzler Helmut Kohl über die künftigen Kohlehilfen reagiert. Bergleute besetzten alle Zechen in Nordrhein-Westfalen, an der Saar und in Ibbenbüren. Vor den verschlossenen Toren protestierten insgesamt mehrere tausend Kumpel. in Essen, Gelsenkirchen, Neukirchen, Bottrop und Kamp-Lintfort zogen aufgebrachte Kumpel in Demonstrationen durch die Innenstädte. Kohl hatte am späten Donnerstag abend gegenüber dem Chef der Bergbaugewerkschaft IGBE, Hans Berger, erstmals konkrete Zahlen auf den Tisch gelegt. Demnach will die Bundesregierung ihre Zahlungen für den Steinkohlebergbau von derzeit jährlich etwa neun Milliarden Mark bis zum Jahr 2005 auf 3,8 Milliarden Mark reduzieren. Gleichzeitig verlangt Bonn von der Düsseldorfer Regierung, ihren Beitrag noch einmal um gut 500 Millionen pro Jahr zu erhöhen. Derzeit zahlt NRW rund 1,2 Milliarden pro Jahr für die Steinkohle.

IGBE-Chef Berger sprach von einem „nicht kompromißfähigen Angebot“. Wenn es bei dem Vorschlag bleibe, seien „Massenentlassungen unausweichlich“. Zur Zeit sind im deutschen Steinkohlebergbau noch 86.000 Menschen direkt beschäftigt. Die Gewerkschaft hatte als Kompromiß angeboten, die Zahl der Beschäftigten bis zum Jahr 2005 auf etwa 45.000 zu reduzieren. Zur Abstützung dieses Konzepts wären dann aber immer noch rund 6,5 Milliarden Mark – davon 1,2 Milliarden aus NRW – als staatliche Subvention nötig.

Nach den Berechnungen des Düsseldorfer Wirtschaftsministeriums müßten nach den Bonner Plänen schon bis zum Jahr 2000 sieben der bundesweit 19 Zechen geschlossen werden. Gegen diesen „Katastrophenkurs“ werde die SPD sich mit allen Kräften stemmen, kündigte Clement an.

Am Montag und Dienstag sind weitere Gespräche in Bonn vorgesehen. Kritik am Gewerkschaftskurs hagelte es auf der Gelsenkirchener Schachtanlage Hugo/Konsolidation. „Wenn wir bis nächste Woche warten, ist es zu spät!“ riefen aufgebrachte Bergleute ihren Betriebsräten entgegen. Dann zogen rund 1.000 von ihnen zur Kreisgeschäftsstelle der CDU und skandierten: „Kommt raus, kommt raus.“ Auf der Demo kam es zu regelrechten Haßausbrüchen: „Man müßte die CDU-Büros abfackeln.“