Jobvernichter im Roten Rathaus

■ Der Senat und die öffentlichen Betriebe gehören zu den größten Arbeitsplatzvernichtern der Stadt. Zwischen 1991 und 2000 werden rund 70.000 Stellen abgebaut. BVG reduziert ihr Personal um die Hälfte

Der Senat und die von ihm kontrollierten Unternehmen wie Bewag und Gasag tragen wesentlich dazu bei, die Arbeitslosigkeit in die Höhe zu treiben. Sollten alle heute geplanten Sparmaßnahmen umgesetzt werden, gibt es im Jahr 2000 rund 70.000 Jobs weniger im öffentlichen Sektor als noch 1991. Während in der Verwaltung, Krankenhäusern und Eigenbetrieben nach der Wende 355.000 Menschen arbeiteten, sollen Ende des Jahrzehnts nur 285.000 Leute auf der Lohnliste stehen.

Bis Ende dieses Jahres werden nach Angaben der Gewerkschaft ÖTV bereits 25.000 Stellen im Landesdienst weggefallen sein. Bis zum Jahre 2001 plant der Senat den Abbau von weiteren 20.000 Verwaltungsstellen.

Bei den ganz oder teilweise landeseigenen Unternehmen ist es nicht anders. Am heftigsten geht es bei den Verkehrsbetrieben BVG zu. Seit 1991 wurden dort 8.600 Jobs gestrichen. Bis zum Ende des Jahrzehnts stehen noch einmal 5.500 auf der Abschußliste. Die BVG soll dann mit 14.300 MitarbeiterInnen auskommen – der Hälfte ihres früheren Personals. Auch die Bewag, Gasag, Wasserbetriebe und Stadtreinigung rationalisieren. Insgesamt werden die öffentlichen Betriebe bis 2000 rund 24.000 Menschen weniger beschäftigen als 1991.

Einen Dämpfer hat die Welle der Jobvernichtung allerdings gerade bei der Gasag erhalten. Nach massiven Protesten der ÖTV erteilte der Aufsichtsrat am Freitag Plänen des Vorstandes einstimmig eine Absage. Die Gasag-Chefs wollten in den kommenden Jahren die Hälfte des Personals abbauen, um das Unternehmen schneller und profitabler privatisieren zu können.

Die rigorose Sparpolitik ist vor allem auf die Kürzung der Bundesförderung nach 1990 zurückzuführen. Wie ihre Vorgänger versucht Finanzsenatorin Fugmann-Heesing (SPD), die Haushaltslöcher durch Stellenstreichung zu verringern. Die Kürzung der Landeszuschüsse an die Unternehmen führt auch dort zum Spardruck.

Die Probleme sind kaum mit denen westdeutscher Kommunen zu vergleichen. „Die Berliner Wasserköpfe sind ein Ergebnis des Kalten Krieges“, weiß Dieter Vesper vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Senat und Bundesregierung pumpten über Jahrzehnte Milliarden Mark in die kapitalistische Frontstadt. Um die Arbeitslosigkeit niedrig zu halten, wurde der öffentliche Dienst aufgebläht. Systembedingt wucherte auch die Verwaltung in Ost-Berlin. Wegen der staatlichen Regulierung aller Lebensbereiche arbeiteten dort noch mehr Menschen im Staatssektor als im Westen. Hannes Koch