Seehofer bittet Kranke abermals zur Kasse

■ Gesundheitsminister Seehofer hält neue Vorschläge parat, um Patienten zu schröpfen: Zuzahlungen sollen erhöht werden

Berlin (taz) – Horst Seehofer läßt sich nicht entmutigen. Vor drei Wochen noch mit der Idee gescheitert, künftige Beitragserhöhungen der Krankenkassen einseitig von ArbeitnehmerInnen zahlen zu lassen, versucht er es seit dem Wochenende mit einer neuen Strategie. CSU-Parteifreunden unterbreitete er neue Vorschläge bei einem konspirativen Treffen auf dem Münchner Flughafen.

Demnächst sollen Arzneimittel, Klinikaufenthalte und Massagen für PatientInnen teurer werden. Dies berichtete gestern die Welt am Sonntag. Seehofers Pläne im einzelnen: Für bestimmte medizinische Leistungen sollen generell 5 Mark mehr gefordert werden. Bei Arzneimitteln soll die Selbstbeteiligung angehoben werden. Je nach Packungsgsröße sollen Patienten künftig 9, 11 oder 13 Mark zuzahlen. Zur Zeit liegt die Zuzahlung bei 4, 6 oder 8 Mark. Auch Klinikaufenthalte sollen teurer werden: Der Zuzahlungssatz soll von 12 auf 17 Mark im Westen und von 9 auf 14 Mark im Osten angehoben werden. Maximal 14 Tage pro Jahr zahlen PatientInnen zu. Auch bei Verbandsmitteln sollen Kranke künftig nicht mehr 4, sondern 9 Mark zulegen müssen. Bei Fahrtkosten steigt der Eigenanteil von 20 auf 25 Mark und bei Heilmitteln wie etwa Massagen von derzeit 10 auf 15 Prozent der Kosten. Der Zuschuß der Krankenkassen zum Zahnersatz soll um 5 Prozent niedriger ausfallen. Sozial Schwache sollen auch fürderhin von der hohen Selbstbeteiligung ausgenommen werden.

Die Zuzahlungen sollen für chronisch Kranke während eines Kalenderjahrs auf ein Prozent ihres Bruttoeinkommens begrenzt werden, für alle übrigen Versicherten auf zwei Prozent.

Zur Zeit zahlen PatientInnen etwa 9,5 Milliarden Mark im Jahr aus eigener Tasche. Seehofer hofft, mit den neuen Regelungen weitere 3 bis 4 Milliarden in die Kassen der Krankenversicherer zu wirtschaften. Im vergangenen Jahr gaben die Kassen ein Defizit von 6,3 Milliarden Mark an. Doch nicht nur erhöhte Zuzahlungen haben PatientInnen zu fürchten. Auch die Kassenbeiträge sollen nach der Vorstellung des Bundesgesundheitsministers weiter ansteigen, um das Defizit auszugleichen.

Heute soll der CSU-Vorstand über das Papier beraten, morgen der CDU/CSU-Fraktion in Bonn vorgelegt werden. Positiv bewertete Ulf Fink, Sozialexperte der Union, Seehofers Vorschlag. In seiner Fraktion sei bereits früher über eine Erhöhung der Zuzahlungen geredet worden. Seehofers neue Variante könne man mit gutem Gewissen zustimmen, weil Kranke durch die Härtefallklauseln vor finanzieller Überforderung geschützt würden, zugleich aber würde die Selbstbeteiligung auch eine „Steuerungswirkung bei der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen entfalten“. roga