Wo das Herz blutet

■ SPD: Kohlesubvention und politischer Regionalismus

Gut, Gerhard Schröder mag nur Fischblut in den Adern haben, aber es gibt auch noch original sozialdemokratisches Herzblut. So wenigstens war am Wochenende aus der Gegend zwischen Ruhr und Emscher zu hören, wo nach dem politischen Traditionsatlas der Bundesrepublik das Herz der SPD schlägt. Um eben dieses Herzblut geht es laut SPD angesichts der Drohung, die Subventionen für die Steinkohle rabiat zu kürzen. Sollte die Regierung an den Kürzungen festhalten, so müsse sie blutenden Herzens zurückschlagen. Ob dann auch die Gespräche Richtung Steuerreform-Konsens ein Ende fänden, blieb allerdings offen. Auch wer sich für die Organlage bei der SPD nicht interessiert, sollte es angesichts des Generalangriffs der Regierung auf eine ganze Region nicht bei matten Zynismen belassen. Zum Beispiel bei der Feststellung, auch bei der industriellen Tabula rasa im Osten sei kein sozialdemokratisches oder sonstiges westdeutsches Herzblut geflossen. So what? Warum soll man den gleichen Fehler ständig wiederholen?

Tatsache bleibt: Sich der Kürzung der Subventionen zu widersetzen, hat überhaupt nichts mit der Unterstützung von sozialdemokratisch eingefärbtem Regionalismus zu tun. Ebensowenig wie mit einem Sich-Klammern an überholte Standorte und Industriestrukturen. Wer sagt denn, daß ein Teil der Subventionen nicht zu einem staatlich abgesicherten industriellen Wandel eingesetzt werden kann? Ein Teil des Ruhrgebiets hat nach der großen Welle der Grubenschließungen in den 60er Jahren von dieser Art staatlicher Strukturpolitik profitiert – und damit auch die Bundesrepublik. Daß heute für solche großflächigen Maßnahmen die Mittel fehlten, ist kein Gegenargument. Denn über die Vergabe von Steuergeldern entscheidet immer noch politische Prioritätensetzung.

Absurderweise verwandeln sich aber in der gegenwärtigen Diskussion soziale und ökologische Streitfragen in solche der politischen Länderhoheit. Schröder schiebt den CDU- bzw. CSU- Landesoberen die Verantwortung für die Errichtung von Zwischenlagern zu, die Konservativen kontern mit dem Argument, sie wollten den Kohlebergbau in den SPD-regierten Ländern NRW und Saar nicht weiter aus Steuermitteln subventionieren. Die SPD sollte diese demokratiegefährdenden Spielchen nicht mitmachen. Christian Semler