Tiefseegarnelen und andere Tote

■ Unfälle machen Spaß in dem NDR-Film „Crash Kids“

Da schlafen sie, in einer Hamburger Tiefgarage: Ein 14jähriger und sein einziger Gefährte, ein toter Shrimp. An die Wand hat das Kind eine Satellitenschüssel gekreidet – Ausdruck dessen, was es am meisten vermißt. So kann's gehen, wenn Eltern ihre Kinder vernachlässigen, lehrt der NDR-Film Crash Kids. Die Kids tätowieren sich dann Arme und Beine, färben sich die Haare orange und mopsen Autos. Damit knattern sie gegen die nächstbeste Wand, auf daß die Polizei komme und sie in die MoPo.

Zwischendurch sagen sie Sätze, die Verfechter der „guten alten Zeit“gerne aus Teenermund hören: „Alles Scheiße“, „Ich will nicht mehr allein sein“und „Ich habe mehr Angst vor der Gruppe als vor dem Autofahren“. All das inszeniert Regisseurin und Autorin Petra Haffner wie einen 90-minütigen Werbespot: Teenagerkummer am Elbstrand, Sonnenuntergang, ein blitzblanker Golf. Die 14jährige Laura sitzt mit ihren Freunden auf einem pastellgrünen Sofa in einem pastellgelben Hinterhof im himmelblauen Altona, während Mutti zu Hause das japanische Abendbrot auf die Teller häuft.

Lauras Freund Nik lebt weniger im Luxus. Er hat das Auto eines Gangsterbosses geklaut und muß sich verstecken. Und nun hocken sie da in der Tiefgarage. Nik und sein Shrimp, Überbleibsel von Lauras pastellfarbenem Abendbrot. Was danach kommt, ist schnell erzählt. Laura und Nik klauen noch drei Autos und fahren nach Marseille. Da bringen sie aus Versehen eine Swimming-Pool-Besitzerin um. Daß sie danach nicht reuig nach Altona zurückkehren, ist die einzige Überraschung in Crash Kids. Statt dessen stehlen die beiden noch einen Wagen, in dem Nik sich selbst ganz und Laura fast zu Tode fährt.

Aber ohne Opfer keine Einsicht. Am Ende heult Laura und Mama tröstet – obwohl das Verschwinden ihrer Tochter sie vorher wenig gekümmert hat. Allein bleibt nur ein kleiner Shrimp, der in einer Tiefgarage einsam vor sich hingammelt.

Judith Weber

heute, ARD, 20.15 Uhr