Im Westen viel Neues

■ Die Form der Kultur GmbH ist nach wie vor unklar / In Nordrhein-Westfalen sind die Kommunen schon weiter

Nach einem Ratschluß des Senats soll im Kulturbereich schon im nächsten Jahr kaum noch etwas so sein, wie es jetzt noch ist. Wie berichtet, hatte die Landesregierung beschlossen, nahezu sämtliche flüssigen Mittel in einer Kultur GmbH zu bündeln und ihre Vergabe privatrechtlich zu organisieren. Damit setzt Bremen zu einem großen Reformsprung an. Doch die ersten Schritte in diese Richtung wurden schon längst anderswo gegangen. Wir unternahmen deshalb einen Streifzug durch die Republik.

Wichtige Anstösse zu Veränderungen gab die Bertelsmann-Stiftung. Schon seit Beginn der 90er Jahre begleitet die Einrichtung mit Sitz in Gütersloh Modellversuche zur Organisationsreform in Kulturämtern sowie ihren Dienststellen. Anfangs beteiligten sich Städte wie Bielefeld, Dortmund, Mannheim oder Münster an dem Projekt und ließen ihre kulturellen Leistungen von BeraterInnen, KundInnen und auch von den MitarbeiterInnen unter die Lupe nehmen. Nach Angaben der Sozialwirtin Kerstin Schmidt ist die Anzahl der teilnehmenden Städte inzwischen auf 50 gestiegen. Und Bremen? „Bremen ist nicht dabei.“Doch allein die vergleichende Untersuchung hätte in zahlreichen Kommunen zu einem neuen Denken und dann auch zu Reformen geführt. So wie in Dormund oder in Mülheim.

In Dortmund wurde das Kulturamt Anfang 1995 in einen kommunalen Eigenbetrieb mit diversen Unterabteilungen umgewandelt. Mülheim folgte bald darauf. In der 180.000-EinwohnerInnen-Stadt an der Ruhr dauerte die Umstrukturierung zwischen Entscheidung und Vollzug nur sechs Monate. Doch wie der Reformer Hans Georg Küppers erklärt, wurden dafür auch zahlreiche Nachtschichten fällig. Nach Küppers ist die Einbeziehung aller Beteiligten eine viel wichtigere Voraussetzung als die Geschwindigkeit der Umsetzung: „Es kommt darauf an, wenigstens die Mehrheit dafür zu gewinnen.“

Einschließlich der Bibliotheken oder der Musikschule zählt das ehemalige Mülheimer Kulturamt 220 MitarbeiterInnen, und die machten mehrheitlich mit, „weil wir uns trotz Spardruck nichts mehr von außen diktieren lassen wollten“. Küppers zufolge hat die Einführung der Eigenverantwortlichkeit zu einem Motivationsschub beim Personal geführt: Mehreinnahmen oder durch Rationalisierung gespartes Geld „bleiben in ihrem Kulturamt und versanden nicht irgendwo“. Ein Argument, das auch anderswo zu hören ist.

Dennoch leben auch die Kulturbetriebe nicht im Elfenbeinturm – der Spardruck lastet auf jeder Kommune. „Doch durch die Reformbereitschaft hat die Kultur in Mülheim mittelfristig einen Sonderstatus“, glaubt Küppers. Und er ergänzt, daß man sich in den nordrhein-westfälischen Städten für die Form Eigenbetrieb und nicht für private Gesellschaften entschieden habe: „Kultur ist ein öffentlicher Bereich.“

Nach dem noch sehr undeutlichen Bremer Stand will man in der Hansestadt trotzdem springen statt gehen. Einzelheiten wie die genaue Rechtsform und die Gestalt der geplanten Fonds der Kultur GmbH sind auch eine Woche nach der Senatsentscheidung noch nicht ausformuliert. Doch es kursieren Vorschläge, die von einer eigenständigen Gesellschaft bis hin zur Angliederung der Kultur GmbH an die Hanseatische Veranstaltungsgesellschaft (HVG) reichen. Das Ganze sei ein offenes Verfahren, erklärte folglich auch Kultursenatorin Bringfriede Kahrs (SPD), die am Montag abend einer Einladung der Initiative „Anstoss“gefolgt war.

Wie Jürgen Lüthge, Mitglied von „Anstoss“und langjähriger Staatsrat im Bauressort, auf Anfrage berichtete, sei die Bereitschaft zur offenen Diskussion begrüßt worden. Doch das Mißtrauen in der Initiative gegen die Reform sei sehr verbreitet. Auch er selbst habe umlernen müssen. Aber inzwischen weiß er: „Private Gesellschaften sind unabhängiger als Eigenbetriebe.“Das Argument, solche GmbH's seien der politischen Kontrolle entzogen, läßt Lüthge nicht gelten: „In den Aufsichtsräten sitzen doch Politiker.“ ck