Prêt-à-porter
: Flauschige Mohairwollfäden wie Blumen

■ Der erste Tag war Überblick, Besonderes kommt später. Am Abend aber: Dirk Bikkembergs, überraschend klassisch

Colette Dinnigan zeigte eine konventionell hübsche Kollektion in Samt und Crêpe. Geblümte Satinröcke, knielange Samtkleider oder durchsichtiger Crêpe über Satinunterröcken – alles ist mit Spitze eingefaßt. Flügelärmel und bestickte Säume erinnern ein bißchen an die zwanziger Jahre. Schön waren die Kostüme und Kleider aus, hm, Wollfäden. Ein Kostüm, auf dem blaue flauschige Mohairwollfäden wie Blumen angeordnet waren. Für den Abend entwarf Dinnigan durchsichtige Unterröcke, so daß man seine Wäsche zeigen kann, und Kleider aus Gitterstoffen, die einen so gut wie nackt lassen.

Vivienne Westwood ist mit ihrem Defilee in London in die Schlagzeilen geraten, weil sie 13jährige Models angeworben hatte. Schon nach diesem ersten Tag in Paris ist klar, daß sie damit nicht alleine steht. Andererseits liefen bei Dinnigan allein vier Models mit geschorenen Köpfen – eine Reaktion auf die letzte Saison, als die meisten Models barbusig defilieren mußten?

Nach Dinnigans eher braver Kollektion zeigte Masaki Matsushima die komplizierte Variante: Kleider und Jacken, die außerordentlich verwickelt konstruiert waren. Zuerst kamen Anzüge, die Jacken hinten rund geschnitten wie Herrenhemden. Vorn wurden sie von Verstrebungen gehalten, die sozusagen aus der Jacke wuchsen. Auch die Kleider waren oft kompliziert gewickelt. So richtig gut war es nicht: Nicht unbedingt, weil viele dieser Ideen von Kawakubo, Yamamoto, Demeulemeester und anderen stammen. Aber der Stoff schien so steif, als wäre er mit Gewalt in Falten und Drapierungen gezwängt worden. Kein Kleidungsstück konnte sich bewegen.

Abends dann Dirk Bikkembergs mit einer überraschend klassischen Kollektion: Es begann mit einem schwarzen schmalen Anzug, um den Hals war ein Pelz gelegt, der starke Ähnlichkeit mit einem Skunk aufwies. Danach ein blauer Nadelstreifenanzug mit Stehkragen und einem schwarzen Hemd. Mit jedem Modell wurde es dandyhafter – der nächste Anzug kam mit einem glänzenden Satinhemd daher, die Manschetten wurden nicht von Knöpfen, sondern von silbernen Klemmen festgehalten, dazu eine Krawatte, die durch eine silberne Spange in Form eines Krawattenknotens gezogen war. Und eine Art Fuchspelz um die Schultern. Die Jacken waren meist aus einem festen, aber nicht steifen Stoff, manchmal sah es aus wie Filz. Dieses Feste wurde noch unterstrichen durch die breit abgesteppten Ränder an Säumen und Kragen. Die Hosen bildeten unter dem Bauchnabel ein V, betont durch einen breiten Gürtel.

Bikkembergs hat ein ausgesprochenes Faible für Gürtel. Diesmal waren es Kleider, die mit Gürteln bedruckt waren und Kleider, auf denen sich Gürtelmuster wie ein Lasso schlängelten, auf dem Rücken wird plötzlich ein richtiger Gürtel daraus. Bei einigen Abendkleidern war das Muster im Rücken ausgeschnitten und ließ ein Stückchen von einer Hinterbacke frei. Nicht viel, man konnte gerade so den Ansatz der Rundung sehen. Anja Seeliger