Das Portrait
: Kein Klassenkämpfer

■ Hans Berger

Hans Berger kennt seine Kumpel. Er spürt die „böse Stimmung“ überall in den Steinkohlerevieren. Am letzten Samstag erschien ihm allein ein Gespräch mit Bundeskanzler Helmut Kohl noch als Rettungsanker. „Wenn das Stück Hoffnung nicht wäre, dann wäre das längst aus den Fugen geraten.“ In solchen Äußerungen des Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE) schwingt gewiß auch immer die Tonlage des gewieften Verhandlungsführers mit, der den Kanzler so besonders in die Pflicht zu nehmen sucht. Denn er weiß, daß die immer gegenwärtige Wut, die Frustration in diesen Tagen in blanken Haß umzuschlagen droht.

Zum Teil richtet sich diese Wut inzwischen auch gegen die IGBE selbst. Berger erntet in diesen Tagen auf Versammlungen Pfiffe und Schmährufe von Bergleuten, die ihm zu große Nachgiebigkeit im Kampf um die Steinkohle vorwerfen. Doch da stoßen sie bei dem gelernten Hauer, der als 15jähriger im Jahr 1953 in die Gewerkschaft eintrat, auf Granit. Wie seine Amtsvorgänger weicht auch Berger, dessen chronische Heiserkeit sich mit öffentlichen Redemarathons wenig verträgt, von seinem ausgeprägt sozialpartnerschaftlichen Kurs keinen Millimeter ab. Mögen die Emotionen auch noch so hochschlagen, zu einem Klassenkämpfer mutiert der IGBE-Vorsitzende, der seit seiner Wahl zum Vorsitzenden im Jahr 1990 auch für die SPD im Bundestag sitzt, nie.

Politisch kämpft der IGBE-Chef auf dem traditionellen Flügel der Sozialdemokraten. Im Sommer 1995 gehörte er zu den wenigen in der Partei, die offen für eine große Koalition in Düsseldorf warben. Vor allem der grüne Widerstand gegen den geplanten Braunkohletagebau Garzweiler II machte ihm zum Gegner von Rot- Grün. Seither gab es hinter den Kulissen zwar vielfältige Gespräche zwischen der IGBE-Führung und den Bündnisgrünen, aber die Differenzen wiegen nach wie vor schwer. Eine Einigung der Düsseldorfer Regierungspartner über dieses umstrittene Projekt kann es nur mit der IGBE geben. Alles andere, darüber sind sich in Düsseldorf alle wichtigen Politakteure einig, hielte die SPD nicht aus. In diesem Konflikt kommt dem IGBE- Chef, der verheiratet und Vater einer Tochter ist, in den nächsten Monaten ein weiteres Mal eine Schlüsselrolle zu. Walter Jakobs