Wurst und Weinen

■ Mariola Brillowska und Herr Reznicek lasen und zeigten Filme im Laola-Club

Zerlumpt, verweint, am Ende mit Nerven und Latein. So fanden Lalola-Club-Veranstalter Alexander Posch und Michael Weins das arme Mädchen damals auf dem polnischen Kartoffelacker. Da stand sie, Mariola Brillowska, zusammen mit ihrem Gefährten Herrn Reznicek und hatte noch nie im Leben das Wort „Ketchup“gehört. Bis sie, wenigstens der wüsten Legende vom vergangenen Dienstag abend nach, in den Laola-Club verschleppt wurde.

Jetzt stehen Brillowska und Herr Reznicek auf der gemieteten SchlapplacHHalden-Bühne. Sie erzählt, untermalt von seinen dräuenden Mischpult-Klängen, aus ihrem prima herbeigelogenen Kolchose-Leben und liest schwerblütige Gedichte vor. Dazu tragen beide rosa und beachtlich große Kragen, an deren Ende verloren je ein Wildröschen blüht. Natürlich geht es in den ins pinke Licht gesäuselten Versen ums Verzehren, Verwehren und Vermehren. Um die Liebe, auch die zum Fußball, wovon, wenn auch eher nebenbei, Brillowskas Comic-Film Der falsche Spieler handelt. Hier und später auch in Visa Vù oder der eindrucksvollen Danzig-Groteske Die Contr-Contras wimmelt es von Gestalten, die eigentlich nur aus blassen Flächen mit ein oder zwei Körperöffnungen bestehen. Grundsätzlich augen-, ohren-, nasenlos haben sie nur einen sprechenden Fleck im Gesicht, der sich zu Max Goldts oder eigenen Weisen synchron verzieht.

Die HfBK-Dozentin, deren erster abendfüllender Comic-Film Katharina & Witt, Fiction & Reality auf der Berlinale gezeigt wurde, läßt ihre Gestalten in virtuos veränderlichen Perspektiven umherirren. Nervös wechselt die gezeichnete Umgebung ihre Proportionen, vernetzt sich mit den blutreichen Manien und brachialen Absurditäten. Jede Sequenz entwirft eine farbenprächtige Schlachtplatte. Verwurstete Frauen, engagierte Schlachter und manchmal ein flammenwerfendesTeufelchen, das dem ganzen eine seltsam katholische Note gibt. big