Ein Dorf rüstet gegen AntifaschistInnen

■ Polizei schließt Krawalle bei der für Sonntag geplanten antirassistischen Demonstration im brandenburgischen Dolgenbrodt nicht aus. Dorfbewohner planen Straßenblockaden und Bürgerwehr

Berliner AntifaschistInnen wollen ihren Haß ins brandenburgische Dorf Dolgenbrodt tragen. Unter dem Motto „Keine Ruhe für Rassisten“ mobilisieren verschiedene Antifa-Gruppen für eine Demonstration am Sonntag in Dolgenbrodt, um, so ein Flugblatt, „den Tätern auf die Pelle zu rücken“. Die DorfbewohnerInnen rüsten zur Gegenwehr. Die Polizei befürchtet Auseinandersetzungen.

Nach Recherchen der taz war bekanntgeworden, daß die BewohnerInnen des Dorfes 1992 einen Rechtsextremisten für den Brandanschlag auf ein noch leer stehendes Flüchtlingsheim bezahlt hatten. Fast die gesamte Bevölkerung unterschrieb damals Listen gegen das Flüchtlingsheim.

Die DemonstrantInnen haben sich jetzt zum Ziel gesetzt, die Ruhe des Dorfes, wenige Kilometer südöstlich Berlins, zu stören. „In Dolgenbrodt sitzen die Mitwisser des Brandanschlags. Deshalb wollen wir dort demonstrieren und die Dorfbewohner provozieren“, erklärte einer der Demo-VeranstalterInnen der taz. In den Flugblättern heißt es: „Dolgenbrodt steht exemplarisch für den rassistischen Konsens in diesem Land. Diesem ,neuen‘ Deutschland gilt unser Zorn und unser Haß! Den Tätern auf die Pelle rücken! Antifa heißt Angriff!“ Die angemeldete Demoroute führt vom Dorfeingang vorbei an der Feuerwehr, an der Gaststätte Kober – in der, so der Veranstalter, „die ganzen Sachen geplant wurden und werden“ – zum abgebrannten Flüchtlingsheim. Die VeranstalterInnen rechnen mit bis zu 300 TeilnehmerInnen – mehr, als das Dorf EinwohnerInnen zählt.

Das Polizeipräsidium in Potsdam will erst heute abend oder morgen früh seine Entscheidung über die Genehmigung der Demonstration bekanntgeben. Polizeisprecher Geert Piorkowski: „Die Konstellation in Dolgenbrodt ist so, daß Gewalt nicht auszuschließen ist.“ Zu den Gerüchten, daß auch Neonazis nach Dolgenbrodt kommen werden, wollte er sich nicht äußern. Der für Dolgenbrodt zuständige Bereichsleiter kündigte Gespräche mit den BürgerInnen von Dolgenbrodt an. „Wir raten ihnen dringend ab, etwas gegen die Demonstration zu unternehmen“, sagte Frank Schwochow gestern.

Die Dolgenbrodter aber bereiten sich vor: Einer schlug vor, mit Traktoren die Einfahrtsstraßen ins Dorf zu blockieren. Ein anderer hat eine bewaffnete Bürgerwehr angeregt. Ein Verein von Wochenendhausbesitzern will 500 Leute mobilisieren, um die Datschen vor den DemonstrantInnen zu schützen. Schwochow bestätigte diese Mobilisierung. Er wollte aber nichts Näheres dazu sagen.

In Dolgenbrodt selbst versucht Bürgermeister Karl Pfannenschwarz die Situation zu entschärfen. Gegen eine antifaschistische Demonstration sei nichts einzuwenden, sagte er gestern. Er will seine Dolgenbrodter deshalb ermahnen, die Sache der Polizei zu überlassen. „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht, das werde ich den Leuten bei der Gemeindevertreterversammlung am Freitag auch sagen.“ Eine Chance lassen die DemonstrantInnen den DorfbewohnerInnen. In einem offenen Brief heißt es: „Wir rufen Sie auf, als Zeichen der Solidarität mit AsylbewerberInnen und als Ausdruck der Verabscheuung der Vorkommnisse eine weiße Fahne an Ihrem Haus anzubringen.“ Barbara Junge