Ein Schiff wird kommen

■ Die britische Regierung sucht verzweifelt Platz für ihre Gefangenen

Dublin (taz) – Heute wird an der südenglischen Insel Portland ein Schiff anlegen, das die drückenden Gefängnisprobleme vorübergehend mildern soll: Die „Resolution“ ist ein Knastschiff, das die britische Regierung in den USA erworben hat. Die englischen und walisischen Gefängnisse sind völlig überfüllt. Dank der Tory-Politik, Haftstrafen auch für Bagatelldelikte zu verhängen, hat die Zahl der Insassen mit fast 60.000 Rekordhöhe erreicht. Und jede Woche kommen 350 Gefangene hinzu. Bis die neuen Gefängnisse mit 8.000 Plätzen fertig sind, müssen die Gefangenen anderswo untergebracht werden. So wird man demnächst auch die 1.200 Zellen in den Polizeirevieren belegen müssen, und ein ehemaliges Ferienlager soll zum Knast werden.

Das Schiff in Portland bietet 500 Gefangenen Platz. Bisher rostete der Kahn in New York vor sich hin. Die dortigen Behörden hatten es eingemottet, weil es als Gefängnis nicht taugte und viel zu teuer im Unterhalt war. Die Stadtverwaltung wollte es an einen Schrotthändler für umgerechnet gut eine Million Mark verkaufen. Nun bekommt sie von der englischen Regierung das Zehnfache. „Ich bin so froh, daß es weg ist“, freute sich ein New Yorker Stadtrat. „Das Ding damals zu kaufen war eine bescheuerte Entscheidung, die die Stadt viel Geld gekostet hat.“

In Großbritannien sind die Meinungen geteilt. Auf Portland ist man besorgt, daß der Knastkahn Touristen abschrecken könnte. Der Tory-Abgeordnete für Portland, Ian Bruce, sagte, die Einheimischen sollten aufhören zu jammern. Schließlich werde das Schiff für einen kleinen Wirtschaftsboom sorgen. Die lokale Baubehörde ist allerdings dagegen. „Wir wollen nicht das britische Alcatraz werden“, sagte Stadtrat Les Ames. Ralf Sotscheck