Grüne Fraktion streitet um Kohlekurs

Die Solidarisierung der Fraktionsspitze mit den Bergarbeitern stößt innerhalb der Bündnisgrünen auf Kritik. Die Partei hatte erst im Januar kräftige Subventionskürzungen beschlossen  ■ Aus Bonn Markus Franz

Seit' an Seit' mit der SPD hat sich die Fraktionsspitze der Bündnisgrünen am Dienstag mit den in Bonn streikenden Bergleuten solidarisiert. Doch bei den Grünen gibt es Bedenken gegen den Kurs, den die Fraktionssprecher Joschka Fischer und Kerstin Müller fahren. Einige fürchten um die Glaubwürdigkeit grüner Politik.

Insbesondere die Haushälter unter den Grünen haben Bedenken, daß die Grünen mehr versprechen, als sie halten können. „Gnade uns Gott, wenn Rot-Grün kommt, und wir müßten unsere Zusagen einlösen“, sagt der haushaltspolitische Sprecher Oswald Metzger. Es frage sich, ob die „Kumpel sich nicht verarscht fühlten“, wenn sie dann doch weniger Subventionen erhalten würden, als sie glaubten. Die Fraktion der Grünen hatte erst am am 28. Januar nach einer schwierigen Debatte beschlossen, die Subventionen von heute 9,5 Milliarden bis zum Jahr 2005 auf 4,5 bis 5 Milliarden abzusenken. Eine Summe, die deutlich unter den von der Gewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE) und der SPD geforderten 6,5 Milliarden liegt. Einigen Grünen wäre es am liebsten, die Subventionen auf etwa zwei Milliarden zu beschränken. Nicht zuletzt aus Umweltgesichtspunkten. Die eingesparten Mittel könnten dann für die Förderung regenerativer Energien verwendet werden. Einig sind sich die Grünen, daß sie den Strukturwandel in den Bergbauregionen fördern wollen. Allerdings gibt es unterschiedliche Interpretationen darüber, ob die Mittel dafür zusätzlich zu den fünf Milliarden Mark bereitgestellt werden sollen. Davon geht etwa die Fraktionssprecherin Kerstin Müller aus. Oswald Metzger beurteilt den Fraktionsbeschluß dagegen anders: Die maximale Obergrenze liege bei fünf Milliarden Mark.

Sein Vorwurf, eine rot-grüne Regierung könnte ihre Zusage nicht einhalten, bezeichnet Kerstin Müller als „absurd“. Es gehe nicht in erster Linie ums Geld, sondern darum, daß es keine betriebsbedingten Kündigungen geben solle. „Dafür stehe ich persönlich ein.“ Und dafür reichten auch fünf Milliarden.

Andere in der Fraktion wollen andere Prioritäten setzen. Für die finanzpolitische Sprecherin Christine Scheel ist der Subventionsabbau des Bundes auf maximal fünf Milliarden Mark das Wichtigste. Dabei müsse man unter Umständen in Kauf nehmen, daß es zu betriebsbedingten Kündigungen komme. Schließlich wüßten die Bergleute schon seit Jahren, daß es mit dem Bergbau bergab gehe. Nordrhein-Westfalen habe immer wieder den Fehler gemacht, Zusagen zu machen. Einige Abgeordnete vermuten, daß Joschka Fischer einem Konflikt mit der SPD in Sachen Steinkohle ausweichen will, um den Regierungswechsel nicht zu gefährden. „Warum sollen wir in der Frage der Kohle ein Faß aufmachen, wenn wir Kohl ablösen wollen“, sagt die energiepolitische Sprecherin Michaele Hustedt. „Unsere Prioritäten liegen bei Atomausstieg, Ökosteuer, Garzweiler II und regenerativen Energien.“

Und der jüngste Abgeordnete der Grünen, Matthias Berniger, weiß: Schon als hessischer Umweltminister habe Fischer einige Positionen wie etwa den Widerstand gegen Autobahnbau aufgegeben, um sich auf die wichtigeren Themen, wie den Ausstieg aus der Kernkraft, zu konzentrieren.