Schwanengebrumme

■ Seltsamer Abschied: „Swans“boten brummigen „Noise Rock“im Schlachthof

Seit über 14 Jahren macht das amerikanische Duo „Swans“mit wechselnden Begleitmusikern schwer zugängliche Musik für ein Publikum, das am liebsten schwarz trägt und sich bleich schminkt, um die Kleidung noch besser zur Geltung zu bringen. Und jetzt soll Schluß sein. Herr Gira und Frau Jarboe befinden sich auf Abschieds-Tour. Am Mittwoch gaben sie ihr letztes Konzert auf deutschem Boden im Bremer Schlachthof.

Die Düster-Musik, für die die „Swans“bekannt sind und mitunter geliebt werden, bezeichnete man in den 80ern als Gothic. In den Jahren nach Grunge nennt man es unerklärlicherweise „Noise Rock“. Auf Noise verstand sich derweil die Vorband „Panasonic“weitaus besser. „Ich geh da nicht rein – ziemlich üble Frequenzen!“, fand ein verdatterter Plakatkleber, der vor dem Schlachthof seiner Tätigkeit nachging. Ein mutigerer Gast im Inneren der Kesselhalle war ebenfalls wenig angetan, fand aber di-plomatischere Worte: „Das ist wie Punk-Rock: Alle stehen vor der Bühne und merken, daß sie ver-arscht worden sind.“Die beiden Herren, die sich hinter dem Namen „Panasonic“verbergen, schafften diese Verwirrung mit wenigen Handgriffen. Über dem Grundbrummen einer Maschine stellten sie nach dem Zufallsprinzip andere Maschinen an, die mal höher, mal tiefer brummten.

Songbetont war das Ganze nicht, es gab also keine Pausen im Gebrumme. Als visuelle Begleitung gab es das Testbild eines Videorekorders, das je nach Intensität des Brummens mehr oder weniger verzerrt wurde. An Intensität mangelte es den durch alle Eingeweide zitternden Tönen von „Panasonic“keineswegs. Leider schien das aber alles bitter ernst und innovativ gemeint zu sein, obwohl Lou Reed mit „Metal Machine Music“vor über zwanzig Jahren bereits ähnlich enervierende Störgeräusch-Sinfonien aufgenommen hat. Er allerdings wollte damit lediglich seine damalige Plattenfirma und Pseudo-Fans verärgern.

Brummen wurde auch bei den „Swans“groß geschrieben. Bevor auch nur ein Swan auf der Bühne stand, gab es das wohl längste Playback-Intro der Welt. Währenddessen konnte man sich die verblüffend süße Bühnendeko aus Plüschtieren und Oma-Stehlampen ansehen. Die Deko war jedoch schneller überblickt als das Intro lang war, weshalb bereits vorm ersten Lebenszeichen der Band der erste gefüllte Getränkebecher die Bühne traf. Nachdem der Roadie die Pfützen weggewischt hatte, bemühte sich die Band tatsächlich auf die Bühne. Sie wiederholten mit Gitarren, Baß und Glockenspiel das, was man an Schlurfgeräuschen schon vom Band kannte: Endlose Wiederholungen einfacher Strukturen.

Nach einer Weile kam das Schlagzeug hinzu und tat mit flottem Wirbel so, als wollte es sagen, was Sache ist. Danach aber nahm es die Lautstärke zurück und erging sich in lustvoller Repetition. Sänger Gira gab sich dazu blaß bis kitschig pfeifend und erntete schonmal ein „Scheiße!“aus dem Publikum. Höhepunkte setzte Gelegenheits-Sängerin Jarboe. Sie gab ihren Songs mit Country-Twang und dämonischem Gegröle Format. Der Rest blieb durch die ewigen Wiederholungen seltsam hypnotisch, aber nicht wirklich mitreißend.

Andreas Neuenkirchen