Einfach kein Zugang zu den Codes

■ Frank Spilker, Sänger der Hamburger Band Die Sterne, zum (fast) neuen Album

taz: Nach erst zwei CDs verwundert Ihr den Markt nun mit einer Doppel-Vinyl-Best-of-LP...

Frank Spilker: Um einem Mißverständnis vorzubeugen, es handelt sich bei Unter Geiern nicht wirklich um ein „Best of“. Es sind nahezu alle Songs der ersten beiden Platten Wichtig und in echt auf dieser Doppel-LP, weil es die vorher nicht auf Vinyl gab. Von der Wichtig sind einige Stücke drauf, die wir ursprünglich, als Wichtig noch als Vinyl konzipiert war, gar nicht miteingeplant hatten. Die waren auf der CD dann tatsächlich eher Füllmaterial, die fiktive Vinylversion war kompakter und stimmiger.

Gibt es „ideologische“ Gründe für die Vinyl-Veröffentlichung?

Jein. Ich finde es schön, daß das jetzt möglich geworden ist, aber es ist kein blauäugiges Draufzahlprojekt, es besteht eine tatsächliche Nachfrage.

Die Platte erscheint wiederum beim Hamburger Indie-Label L'Age D'Or. Wie steht es um den allseits erwarteten Wechsel zu einer Majorcompany?

Es ist noch nichts entschieden. Im Moment ist es einfach so, daß wir durch einen Wechsel nicht gerade eine Verbesserung unserer Arbeitsvoraussetzungen gewährleistet sähen.

Ist es nicht auch eine Entscheidung zwischen Musik als Beruf oder Hobby?

Wenn ich einen Beruf hätte, vielleicht. Aber das ist nicht die Frage. Ich finde es falsch, daß die Leute die Priorität darauf setzen, wie genau sie ihr Leben planen. Die Musik ist für mich ein weiterer Job, der im Idealfall Bestandteil meines Lebens ist. Wenn etwas Gutes dabei rauskommen soll, kann es nicht vordergründig um Geld gehen. Andernfalls könnte ich ja auch Mitglied einer gutfunktionierenden Tanzband werden.

Habt Ihr weiterhin vorwiegend in Hamburg Erfolg?

In Hamburg ist es schon mehr, aber allgemein konzentriert sich die Wahrnehmung unserer Musik auf die Großstädte, also neben Hamburg vor allem noch Frankfurt, Köln und Berlin. Es ist kein lokales, sondern vielmehr ein Szene-Ghetto.

Existiert die vielbeschworene „Hamburger Schule“ noch?

Die Aufbruchsstimmung ist einem Kräftesammeln gewichen. Trotzdem bedeutet dieses Umfeld für mich weiterhin, mich durch die konkrete Auseinandersetzung mit dem, was Diskurs sein könnte, abseits der Wege aufzuhalten.

Auf Euer gemeinsames Konzert mit Heinz Rudolf Kunze gab es recht zynische Reaktionen.

Wir haben das gemacht, weil es einfach so skurril war. Das ändert nichts daran, daß ich Kunze als lächerlichen, alten Sack empfinde.

Könnte man den Oberlehrer Kunze nicht gnädig als „Vater der Bewegung Deutschpop“ bezeichnen?

Blödsinn. Ich lasse mich nicht beschirmherren. Kunze will sich mit uns schmücken. Guck Dir doch mal an, wie der rumläuft, wie ein komischer Lehrer. Der hat einfach keinen Zugang zu den Codes, ist einfach nicht cool und hat nichts mit meiner Lebenswirklichkeit zu tun.

Fragen:

Benjamin v. Stuckrad-Barre