Immer noch verdammt aktuell

■ Das Museum für Hamburgische Geschichte bietet seit heute ein Forum für historische Filme

Der Histofilmpalast an der Hamburger Universität könnte Freunden historischer Filmkunst bereits seit fünf Jahren ein Begriff sein. Nun hat die dreiköpfige Studierendengruppe, die die Abspielstätte für frühe Klassiker des Kinos organisierte, den Sprung in ein größeres Forum geschafft. Unter dem etwas komplizierten Namen Kintopp mm16 sind sie in das Museum für Hamburgische Geschichte umgezogen. Dort soll heute, morgen und Sonnabend die erste Reihe mit drei Filmen anlaufen.

Jeweils um 19.30 Uhr werden Stummfilme der 20er Jahre gezeigt, wobei ein kurzer Vortrag die historischen Zusammenhänge vermittelt und eine Einordnung des Films in den zeitlichen Rahmen vornimmt. Interessant ist auch die Musikbegleitung. Ein kleines Orchester sammelt sich da zur Begleitung der Werke. Mit Perkussion und Ackordeon, Flöte, Viola und Kontrabaß sowie Saxophon wird die jüngst auch von anderen Kinos neubelebte Klavierbegleitung weiterentwickelt. Das besondere Augenmerk liegt auf der anschließend angebotenen Diskussion (die MacherInnen weisen darauf hin, daß diese ein unverbindliches Angebot für Interessierte ist).

Die erste Reihe enthält Historienfilme aus den Jahren 1919, 1920 und 1921, in denen der spätere Oscar-Preisträger Emil Jannings den Grundstein für seinen Erfolg legte. Sie wird mit dem Film Madame Dubarry von Ernst Lubitsch eröffnet, der in der Zeit der Französischen Revolution spielt. Ein Lehrmädchen steigt durch Heirat auf, wird zur Mätresse Ludwigs XV. und verstrickt sich in die Wirren der Revolution. Im zweiten Film, Anna Boleyn, ebenfalls ein Frühwerk von Ernst Lubitsch, steht das Leben der Mätresse und späteren Ehefrau Heinrich VIII. im Mittelpunkt. Danton, abschließender Film dieses ersten Zyklus, handelt von dessen Kampf gegen Widersacher Robespierre. Im Jahre 1921 wurde dieser Film von Dimitri Buchowetzki von Zeitgenossen als „verdammt aktuell“ eingeschätzt.

Museen gewinnen durch solche Aufführungen an Attraktivität. Das Museum für Völkerkunde hat mit seinem CinemaTri-Filmclub bereits gute Erfahrungen gemacht. Für Frank Jürgensen, Mitarbeiter des Museums für Hamburgische Geschichte, war dies jedoch nicht der Grund, die Filmreihe zu betreuen: „Ich habe lange darauf gewartet, daß so was mal in Gang kommt.“ Die Initiative ging von den Studierenden der Geschichtswissenschaft aus. „Das Museum hat da ganz schön Geld reingesteckt“, sagt Jürgensen und hofft, daß zumindest ein Teil wieder zurückfließt. Dies würde auch über die Zukunft entscheiden: „Wenn es funktioniert, dann machen wir weiter“, so Jürgensen. Und das ist zu hoffen.

Andreas Albert