„Die Spekulationen sind haltlos“

■ War die Großrazzia gegen „Linksextremisten“ rechtswidrig?

Links und Jurist, schon bist du Terrorist. Weil die Bundesanwaltschaft bei der Begründung der Durchsuchung von Hamburger Wohnungen und Arbeitsstätten vermeintlicher UnterstützerInnen und Mitglieder der Antiimperialistischen Zellen (AIZ) nach diesem Motto vorgegangen sei, halten die Anwälte der Betroffenen die Aktion für rechtswidrig. Sie und die AnwältInnen der ebenfalls von der bundesweiten Razzia am 13. Juni betroffenen angeblichen „radikal-UnterstützerInnen“ haben gegen die Durchsuchng und die Durchforstung des dabei konfiszierten Materials jetzt Beschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt.

Die Karlsruher Bundesanwälte werfen den Durchsuchten Mitgliedschaft oder Unterstützung der kriminellen Vereinigung AIZ bzw. der kriminell vereinigten Herausgeber der Zeitschrift „radikal“ vor. Vier der vermeintlichen „radikal“-Herausgeber sitzen seit der bundesweiten Juni-Razzia gegen „Linksterroristen“ in Einzelhaft.

Der Vorwurf gegen die vermeintlichen Hamburger AIZlerInnen wird dabei am Brandanschlag auf das Uni-Rechtshaus im Jahr 1992 festgemacht, zu dem sich die AIZ bekannt haben. Die Ermittler begründen die Durchsuchungsbeschlüsse u.a. damit, daß es sich bei den Tätern aufgrund der „Ortskenntnis“ und der „Auswahl des Anschlagsobjekts“ um Jura-StudentInnen gehandelt haben müsse. Zudem sollen die Beschuldigten mit dem während des Golfkriegs gegründeteten „Komitee gegen den imperialistischen Krieg“ in Verbindung stehen. Außerdem hätten einige Durchsuchte „enge Beziehungen“ zu inhaftierten „terroristischen Straftätern“ unterhalten.

In den Beschwerden weisen die Anwälte der vermeintlichen AIZlerInnen darauf hin, daß der Durchsuchungsbeschluß „keinerlei Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs“ enthält. Weder die „behauptete Mitgliedschaft“ in dem legalen „Komitee gegen den imperialistischen Krieg“ noch „der Kontakt zu Strafgefangenen“ seien strafrechtlich relevant oder verdachtsbegründend. Auch ein Jurastudium könne kaum einen Tatverdacht rechtfertigen. Dieter Magsam, Anwalt eines angeblichen AIZlers: „Die Beschuldigungen entpuppen sich als haltlose Spekulationen“.

Als ähnlich dünn bewerten die Anwälte die Vorwürfe gegen die vermeintlichen „radikal“-UnterstützerInnen. Ihnen werden von den Bundesanwälten zum Teil „langjährige Kontakte“ zu den angeblichen Herausgebern der „linksterroristischen Untergrunddruckschrift radikal“ vorgeworfen.

Daraus leiten die Karlsruher Staatsanwälte den „Verdacht“ ab, die Beschuldigten hätten eine „kriminelle Vereinigung unterstützt“. Den Herausgebern der Zeitschrift „radikal“, in der auch linksradikale Militanz diskutiert und propagiert wird, wird dabei erstmalig nicht nur die Unterstützung einer terroristischen, sondern auch die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Da zwei aus Lübeck und Rendsburg stammende Hauptbeschuldigte des radikal-Verfahrens immer noch in Rastatt und Bruch-sal bei Karlsruhe inhaftiert sind, findet am Sonntag eine Demo vor beiden Knästen statt, zu der auch ein Hamburger Bus unterwegs sein wird. Treffpunkt: Samstag um 24 Uhr, Bahnhof Sternschanze. mac

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