Eleganter Ingenieurszauber

■ Zwei Architekten berichten über den technischen Stand ökologischen Bauens

Der Begriff „ökologisches Bauen“ hat sich in den letzten Jahren aus dem Wortschatz links-grüner Einzelkämpfer-Architekten in die Broschüren so ziemlich jedes Investorenprospektes geschlichen. Selbst flächenzerstörende Großprojekte auf der grünen Wiese werben mit angeblich interaktiven Glasfassaden um die Sympathie potentieller Nutzer.

Daß auf diesem Weg viel geistige Substanz verloren ging, versteht sich von selbst. Dennoch hat die gesellschaftliche Bedeutung des Umweltschutzes und der Energieein-sparung dazu geführt, daß recyclebare Materialien, naturklimatisierende Systeme und wiederverwertbare Energien inzwischen zu den konzeptionellen Säulen vieler Architekten gehören. Insbesondere britische Baumeister aus der sogenannten High-Tech-Generation wie Richard Rogers, Ian Ritchie oder Nicolas Grimshaw haben sich früh der Ingenieurkompetenz bedient, um ihre Architektur um ökologische Effizienz zu bereichern.

Wie breit die Herangehensweise an dieses Programm inzwischen gestreut ist, zeigt eine Vortragsreihe der Hamburgischen Architektenkammer, die seit Mai Architekten und Ingenieure zu den Aspekten einer Wohltemperierten Architektur sprechen läßt. Diese Woche werden der Düsseldorfer Architekt Christoph Ingenhoven und der Hamburger Peter Schweger über ihre Projekte berichten.

Dabei steht das von Christoph Ingenhoven präsentierte Projekt, der Hauptsitz der Rheinisch-Westfälischen-Elektrizitäts-Werke (RWE) in Essen, in einem besonderen Spannungsverhältnis. Denn wenn Deutschlands größter Stromerzeuger, wichtigster Kernkraftwerkbetreiber und am wachsenden Vertrieb von Strom höchst interessiert, sein eigenes Gebäude mit fortschrittlichsten Energiesparmaßnahmen bestückt, entbehrt das nicht einer gewissen Perfidie.

Doch wenn man es nur vom Standpunkt des Ingenieurs und Architekten betrachtet, dann bietet der 163 Meter hohe, elegante Glaszylinder viele interessante Aspekte zu natürlicher Belüftung, Beleuchtung und reduziertem Energieverbrauch. Von einem Hubschrauberlandeplatz mit Photovoltaik-Kraftwerk auf dem Dach, einem speziell entwickelten, „Fischmaul“ genannten Element in der doppelten Glasfassade, das die Luft- und Lichtregulationen bestimmt, bis zum Einsatz der Betonkonstruktion als Kühlungsspeicher hat das Büro versucht, alle Elemente des Gebäudes in ein energiesparendes Konzept einzubinden.

Peter Schweger stellt unter dem Titel Humane Architektur neue Projekte vor. Auch Schweger, dessen Techniker Krankenkasse in Barmbek zu den schönsten Bauten der Hansestadt zählt, arbeitet mit ähnlichen Systemen wie Ingenhoven. Beim 50geschossigen Neubau der Hessischen Landesbank in Frankfurt etwa wurde intensiv an Thermik, Windeinfluß und Belüftungsmethoden geforscht.

Till Briegleb

Christoph Ingenhoven: 29.6.; Peter Schweger: 6.7., jeweils 18 Uhr, Handwerkskammer