Rote Lippen, fragile Herzen

■ Das Theaterprojekt „Eisenhans“ mit „Von Hexen und Herzen“

Er sitzt in einem Herz aus Maschendraht. Sie ist gerade von einem anderen aus dessen Herz verstoßen worden. Jetzt begehrt sie bei ihm Einlaß: „Laß mich in Dein Herz“. Sie zieht an dem fragilen Gebilde. „Siehst Du, alte Hexe, jetzt hast Du es kaputt gemacht!“ beschimpft der Jüngling sie daraufhin.

Von Hexen und Herzen heißt die neuste Produktion des Theaterprojekts Eisenhans, die am Dienstag im Thalia in der Kunsthalle (TiK) Premiere hatte. 15 Jugendliche, behinderte und nicht-behinderte, stehen in dieser Truppe, die vom Thalia Treffpunkt und vom Spastikerverein betreut wird, seit 1993 gemeinsam auf der Bühne. Drei Stücke haben sie in dieser Zeit unter der Regie der Theaterpädagogin und Schauspielerin Astrid Eggers erarbeitet.

Was die Welt im Innersten zusammenhält: Liebe, Macht und Abhängigkeit, das sind auch die Themen dieses Abends. Im Kontext von Behinderung gewinnen sie allerdings neue Bedeutungsaspekte. „Es ist, was es ist, sagt die Liebe“ von Erich Fried läßt die Verletzlichkeit durch die Liebe schärfer ins Bewußtsein treten, wenn der Rezitator im Rollstuhl sitzt.

Gedichte, Lieder und Märchenfragmente bilden das Material für die Szenen, die wie in einem Prisma die Brüche im Charakter der Menschen sichtbar werden lassen. Einer will als mächtiger König ein richtiger Fiesling sein und dann zappelt er doch wieder am ausgestreckten Arm eines Stärkeren.

Eine andere lockt mit roten Lippen, die man küssen soll, um bald darauf zu fordern: „Gib mir mein Herz zurück“. Eine dritte träumt davon eine böse Hexe zu werden, kommt aber über das Spielen mit dem Gedanken nicht hinaus.

Diese schwierigen Charaktere spielen die Jugendlichen mit überzeugender Selbstverständlichkeit. Dabei haben sie genug Distanz zum eigenen Spiel, um auch selbstironische Töne zuzulassen. Echte mimische Talente sind in dieser Gruppe vertreten und nicht einmal vor Sologesängen fürchten sie sich. is