Es lebe die Mikrowelle!

Die Gastronomie-Messe Internorga freut sich über ausgebuchte Hallen, die Gastronomen klagen über die „Volksseuche Sparen“  ■ Von Kai Rehländer

Frühstücksbüffets können schon übel sein. Der leicht pampige Kellner stürzt den Kaffee in die Tassen der Besucher, auf den Tischen erwarten die geladenen Gäste fettiger Zuchtfarmlachs, mit einer Überdosis an Treibmitteln aufgeblähte Brötchen und halbwarmes Rührei, das schon längere Zeit auf einer Warmhalteplatte vor sich hinschmurgelt.

Aber irgendwie paßte dieses Essen zum Anlaß. Denn auf der Pressekonferenz zur 71. Internorga sollte die Journaille über die derzeitige Situation des Hotel- und Gaststättengewerbes informiert werden. Und die sieht für die Gastronomen so rosig nicht aus. „Zum dritten Mal in Folge sind die Umsätze im vergangenen Jahr zurückgegangen“, klagt Rose Pauly, Präsidentin des Gastgewerbeverbandes Hamburg. Über einen Umsatzrückgang von drei Prozent klagen die Hoteliers, fünf Prozent weniger als im Vorjahr wurden in den Restaurants umgesetzt, und die klassischen Schankbetriebe, sprich: die klassische Eckkneipe, verbuchten gar ein Minus von zehn Prozent.

„Die Volksseuche Sparen ist daran schuld“, behauptet Rose Pauly und zetert über die neuen Steuerbestimmungen aus dem Vorjahr, die wegen eingeschränkter Reisekostenerstattung die Spesenritter aus den Restaurants vertrieb. Die Ober-Wirtin mault über die Gewerkschaft Nahrung Genuß Gaststätten, die weiterhin auf voller Lohnfortzahlung im Krankheitsfall besteht und dafür sogar in einen Arbeitskampf treten will.

Auch Messeleiter Axel Bohl übte sich in der Ursachen-Forschung. „Heiße Theken setzen der klassischen Gastronomie wie der Teufel zu.“Die Salatbar im Supermarkt, die Mikrowellengerichte in Tankstellen, die Take-Away-Speisen in den Schlachtereien und beim Bäcker zählen zu den Gewinnern. Aber auch die Lebensmittelskandale in jüngster Zeit haben den Gastronomen zugesetzt. „Fleisch geht den Bach herunter“, konstatiert Bohl. Lediglich die Systemgastronomen, sprich die Kettenrestaurants oder Franchisebetriebe, machten im vergangenen Jahr ein fettes Plus.

Messetechnisch schlägt sich dieser Jammer allerdings nicht nieder. Restlos ausgebuchte Hallen und steigende Ausstellerzahlen vermeldet die Messeleitung. 900 Aussteller aus aller Welt – 40 mehr als im Vorjahr – informieren auf der Internorga über das Neueste aus der Welt der Küchen- und Automatentechnik, Ernährung, Getränke, Einrichtungen und Ausstattungen, Bäckerei und Konditorei, von Hotels und Hotelleriebedarf. Rezepte für die Zukunft der Gastronomie sollen auf zahlreichen Foren ausgetauscht werden, Kongresse und eine Reihe von Sonderschauen das Neueste im Bereich des Gastgewerbes vermitteln. Außerdem versucht sich das diesjährige Gastland Argentinien mit Rindfleisch-Produkten und Weinen in Szene zu setzen.

Ein Trend ist unübersehbar. „Convenience-Food ist auf dem Vormarsch“, sagt Rose Pauly und meint damit, daß vorgefertigte Grundkomponenten aus der Industrie zunehmend selbstgeknetete Pizzateige, Suppen aus frischen Zutaten und selbstangerührte Soßen ersetzen werden. Es lebe die Mikrowelle. Oder wie Axel Bohl sich ausdrückt: „Der Verbraucher hat immer weniger Ahnung von der Qualität der Nahrung.“

Ein weiteres Schlagwort der gastronomischen Zukunft ist sogenanntes „Fun Food“in erlebnisorientierten Gaststätten wie dem Arnold-Schwarzenegger-Bulettengrill „Planet Hollywood“und dem Musik-Devotionalien-Imbiß „Hard-rock Café“, die teilweise mit dem T-Shirt-Verkauf größere Umsätze erzielen als mit den angebotenen Speisen.

Das erste allerdings, was der Besucher sieht, wenn er die Messehalle betritt, ist ein in injurienten Farben gehaltener Stand mit dem Logo „Café Future“, dem besonderen Stolz der Messeleitung. Vier Computerterminals stehen zur Verfügung, um sich über die Möglichkeiten von Gastronomen im Internet zu informieren, bemüht witzige Werbespots flimmern auf einer Leinwand. Liegt die Zukunft etwa in solchen Lokalitäten? Eine Frage, die Axel Bohl verneint: „Internet-Cafés haben keine Chance. Von den paar Tassen Kaffee, die dort umgesetzt werden, kann kein Gastronom leben.“

Den Höhepunkt der Internorga bildet deshalb ganz konventionell ein Wettbewerb von Jungköchen. Den 100.000 erwarteten Besuchern wird es schmecken.

Die Internorga – Internationale Fachausstellung für Hotellerie, Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegung, Bäckereien und Konditoreien – findet bis zum 19. März in den Messehallen, Jungiusstraße, statt; geöffnet von 10 bis 18 Uhr, Eintritt: 30 Mark für Erwachsene, Jugendliche zahlen 12 Mark.