„Straßenraum zurückerobern“

■ Lokstedts neues Zentrum: Mehr Platz für Passanten, Radler und Parker. Reinhard Buff, Eimsbütteler Planungschef, stellt die Pläne vor

taz: Lokstedt, das neue Szeneviertel zwischen Autobahn im Westen und Niendorfer Gehege im Norden? Die Vorstellung fällt schwer.

Reinhard Buff: Stimmt. Ich glaube auch nicht, daß unsere Planungen für die Entwicklung des Stadtteilzentrums Lokstedt einen solchen Wandel bewirken werden. Wir haben vor, die beiden gewachsenen Lokstedter Zentren Siemersplatz und Grelckstraße miteinander zu verbinden, damit wieder ein gemeinsamer urbaner und identitätsstiftender Ortskern entsteht.

Hört sich hübsch an. Aber wie stiftet man einem Stadtteil Identität, der einzig für die Bedürfnisse fernfahrender Laster konzipiert ist?

In Lokstedt leben 23.800 Menschen, 14.000 arbeiten dort. Ich möchte, daß die sich den Straßenraum zurückerobern, daß man sich trotz des starken Verkehrs und Lärms wieder draußen aufhalten kann. Erreichen läßt sich das über mehr Attraktivität. Es sollen neue Gebäude – Wohnen und Gewerbe – mit Cafés und Kneipen im Erdgeschoß gebaut werden. Denn seit der Münster'sche Gasthof abgerissen wurde, gibt es keinen zentralen Versammlungsort mehr. Das ehemalige Gasthof-Grundstück soll zur Initialzündung für die Weiterentwicklung des Ortskerns werden. Damit es weniger laut ist, ließe sich der Platz zum Beispiel etwas absenken. Dann wollen wir an der Vogt-Wells-Straße eine Baumreihe pflanzen, die den Fußweg optisch abschirmt. Auf diese Weise wären Siemersplatz und Grelckstraße für Fußgänger besser und attraktiver verbunden.

Klingt eher nach Kosmetik als nach nachhaltiger Therapie.

Mit dem Verkehrsproblem werden wir weiter leben müssen. Der Siemersplatz ist schon lange eine fürchterliche Kreuzung und hoffnungslos zerschnitten, was an der Verkehrsbelastung liegt. Bis zu 60.000 Autos fahren täglich über den Lokstedter Steindamm auf den Platz zu. Die kriegen Sie nicht einfach weg, und wenn Sie sich noch so sehr autofreie Zonen wünschen.

Was dann liegt in Ihrer Macht?

Die Führung der Zebrastreifen kann man verkürzen, Radwege sichern und ausbauen, die Verkehrsinseln verschönern, den Lärmschutz durch geschlossene Bebauung verbessern. Dann hoffen wir, eine Spur in der Kollaustraße vor der Hamburger Sparkasse einsparen zu können, damit mehr Platz für Fußgänger, Radfahrer und Parkplätze entstehen kann.

Was ist mit der öffentlichen Verkehrsanbindung?

Ein wunder Punkt. Wir hoffen, daß endlich die Stadtbahn gebaut wird. Die Einstiegslinie soll ja vom Zentralen Omnibusbahnhof über Lokstedt nach Niendorf-Markt führen; das wäre weitaus schneller und besser als der laute und zu kleine Bus, den wir zur Zeit haben.

Umgestaltung bedeutet auch immer viel zusätzlichen Lärm und Baustellen. Wie steht's mit der Akzeptanz im Viertel?

Das Besondere an der Aktion ist ja, daß wir auf Anregung des Ortsausschusses eine Projektgruppe von Vorortakteuren – Gewerbetreibende, Einzelhändler, Mieter usw. – gebildet haben, die von Anfang an das Gutachten zur Zentrumsentwicklung mitgestaltet hat.

Fragen: Heike Haarhoff