piwik no script img

■ Rosis Rolands Bremer GeschichtenNichts sehen, nichts sagen...

Da half auch das Rauchverbot im Sitzungssaal des Arbeitssenators nichts. Beckmeyer stinkende Zigarren stecken in seiner Jackentasche, doch die Luft auf der letzten Sitzung der Arbeitsdeputation war zum Schneiden dick. Die Verlängerung der Beschäftigungsgesellschaft Mypegasus stand nicht auf der Tagesordnung. Beckmeyer hatte genug zum Thema gesagt und war von den Werftarbeitern ausgepfiffen worden. Die Deputierten sollten jetzt den Sachstandsbericht abnicken und den Mund halten. Klaus Möhle (Grüne) meldete sich: „Ich will aber jetzt darüber reden.“Peter Sörgel (SPD) wurde blaß. Da dürfe man nicht drüber reden, stammelte er. Das würde die Werftarbeiter doch beunruhigen. „Was soll das heißen“, fuhr ihn Helmut Zachau (Grüne) an. „Das wir als frei gewählte Abgeordnete hier den Mund halten sollen. Ich laß' mir den Mund nicht verbieten.“„Wenn man Mypegasus verlängert, ist das nichts anderes als die Fortsetzung der Vulkan-Politik mit anderen Mitteln“, insistierte Möhle. Das war das Stichwort für Hasso Kulla, Abgeordneter der SPD und Vulkan-Betriebsratsvorsitzendener. Wie von der Tarantel gestochen soll er von seinem Stuhl aufgesprungen sein. Der Inhalt seiner Rede fiel dem Geschrei zum Opfer. „...nicht gefallen lassen. Desinformation...“, waren die Satzfetzen, die durch die Luft flogen. „Lieber Hasso, lieber Hasso“, versuchte Beckmeyer seinen Parteifreund zu beruhigen. Doch Kulla war nicht zu bremsen. „110 und 111 nicht weiterbauen“, versuchte er die seine Drohung zu wiederholen, die Werftarbeiter würden die Containerschiffe 110 und 111 nicht weiterbauen. Uwe Siefert (CDU) bewahrte die Ruhe. „Aber Herr Kulla, Sie haben doch im September unterschrieben, daß 110 und 111 fertig gebaut werden“, erinnerte er Kulla. Das wäre nicht so gemeint gewesen, soll Kulla sinngemäß geantwortet haben. Er hätte nur unterschrieben, daß er alles dafür tun würde. Ratlos sahen sich die Deputierten an – der Unterschied wollte sich ihnen nicht offenbaren. Beckmeyer ergriff das Wort. Öffentliche Erklärungen würden niemanden helfen, mahnte er. Nach der Sitzung soll er eiligst und mit hochrotem Kopf den Raum verlassen haben, um sich auf dem Flur sofort eine Zigarre anzuzünden, sagt jedenfalls Ihre Rosi Roland

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen