Nachfrage bedient

■ Matthias Deutschmann übt den „Nachtangriff“ im Mehringhof-Theater

Immer schön aktuell bleiben!“ haben ihm seine Freunde geraten, und also liefert Matthias Deutschmann pflichtbewußt die entscheidenden Stichworte von Castor- Transport bis Kohle-Kumpel: „Ich kämpfe einen sinnlosen Kampf. Ich habe keine Gegner mehr.“

Deutschmann sagt's gelassen zwischen zwei hingenuschelten Beinahepointen und gesteht die Niederlage immerhin offen ein. Sein Abgesang auf das politisch korrekte, aufrecht-linke Politkabarett jedoch ist ohne Augenzwinkern und Selbstironie: Deutschmann kämpft einsam und verlassen mit halbherzigen Späßchen um kleine Lacher. „Ich strample mir einen ab, und sie warten aufs Programm.“

Solche Momente der aufrichtigen Verzweiflung lassen tief blicken in die Krise des Kabaretts. „Nachtangriff“ wird als aktualisierte Version seines bereits zwei Jahre alten Programms angekündigt, doch außer wenigen Randsentenzen zur Tagespolitik ist der Stoff kalter Kaffee. Das Waldsterben wird recycelt und gegen Papst, Kohl und den Feminismus gewettert.

Wirklich lachen will da keiner mehr. „Sie machen es mir aber schwer“, sagt Matthias Deutschmann sichtlich verunsichert und strampelt sich weiter ab. Er hakt die Themen ab, als gelte es, alte Hits, die einem längst zu den Ohren heraushängen, wegen der großen Nachfragen widerwillig noch einmal herunterzunudeln. Ein Wettern gegen alles und also nichts, ohne jede Schärfe und Kontur.

Zu schnell hastet er durch seinen Schlagwortkatalog, als daß beispielsweise mit den klassischen Mitteln des Kabaretts Aufklärung durch Satire geschaffen werden könnte. Die Frustration ins lethargisch dreinblickende Gesicht geschrieben, schafft Deutschmann es gar, die letzten akzeptablen Pointenversuche um ihre Wirkung zu bringen. „Scharping war der historische Versuch der SPD, sich mit einer Schlaftablette umzubringen.“ Solch ein Scherz muß an dem Abend lange vorhalten. Zur Ablenkung schabt Deutschmann einige Akkorde übers Cello, ärgert sich über die Gema und intoniert die Nationalhymne und SPD-Parteilieder.

Viele schöne Ideen, aber alle verpuffen sie in der Beliebigkeit und durch ihre behäbige Darbietung. „Manche denken ja, Bordeaux sei der Plural von Bordell“, läßt er uns zum Schluß noch wissen, und tatsächlich – das Publikum lacht. „Ich sehe, ein Kalauer hat den Abend gerettet.“ Irrtum, weder den Abend noch das Kabarett. Axel Schock

Bis 23. März, 20.30 Uhr, Mehringhof-Theater, Gneisenaustraße 2a