Pankower fordern Todesstrafe

■ 273 Pankower plädieren auf Unterschriftenlisten an Innenminister Kanther für die Wiedereinführung der Todesstrafe. "Tod den Bestien, die kleine Kinder schänden"

Den Fall Stefan Lamprecht hat in Pankow-Heinersdorf niemand vergessen. Vor anderthalb Jahren war der 13jährige Junge entführt, sexuell mißbraucht und dann auf einer Müllhalde tot aufgefunden worden. Der Täter ist bis heute nicht gefaßt. Die Pankower fordern jetzt die sofortige Wiedereinführung der Todesstrafe. 273 Unterschriften hat Christel Daniel, 64, gesammelt. „Ich habe viel Zustimmung bekommen.“ Denn vergessen sind in Pankow auch nicht die Kinderschändungen von Varel und Epfach. Die zehnjährige Kim Kerkow und die siebenjährige Natalie Astner waren Anfang des Jahres Opfer von Sexualtätern geworden.

Tagelang ist Christel Daniel durch den Kiez gegangen. War im Backstübchen Grzonka, bei Tip und auf dem Marktplatz Pankow. Sie hat mit den Bürgern diskutiert, und die Kinder angesprochen: „Paßt auf euch auf, geht nie mit fremden Männern mit.“ Als die Unterschriftenliste voll war, hat sie einen Brief an Bundesinnenminister Kanther geschrieben. „Im Namen der ermordeten Kinder protestieren wir und fordern die Todesstrafe für alle Kindermörder und Schänder in Deutschland.“

Kein Geld dürfe ausgegeben werden für psychiatrische Behandlung, „denn die Bestien werden immer wieder kleine Mädchen umbringen“. Kanthers Antwort: „Die Kindermorde stellen uns vor die drängende Frage, ob wirklich alles Erforderliche getan wurde, um unsere Kinder vor den Tätern und diese Täter vor sich selbst zu schützen.“ Der Umstand, daß die Täter einschlägig vorbestraft sind, müsse, so Kanther weiter, „zu denken geben“. Inzwischen ist auch ein Schreiben, plus Unterschriftenliste, an den Internationalen Gerichtshof in Den Haag verschickt worden.

Kritisch sieht die Pankower SPD-Politikern Kirstin Fussan- Freese die Aktion der Heinersdorfer. „Ich hätte da nicht unterschrieben.“ Allerdings könne sie auch den Unmut der Bürger verstehen. „Ich bin auch für eine Verschärfung des Strafrechts.“

In West-Berlin war die Todesstrafe von der Alliierten Kommandantur erst im März 1989 abgeschafft worden. Besonders die Amerikaner hatten sich damit schwergetan, gilt sie doch im eigenen Land noch immer. In der DDR war die Todesstrafe bis 1987 in Kraft. Jens Rübsam