Grüne: Treptow verletzt das Völkerrecht

■ Vorwurf: Bei Abschiebung Minderjähriger nach Vietnam Fristen verschlafen

Im Treptower Jugendamt wird Völkerrecht verletzt. Das ist die Bilanz der grünen Bezirkspolitikerin Elke Werner zum Fall Ha Phuong Nguyen. Am Freitag abend beschäftigte sich die BVV Treptow auf Anfrage der Bündnisgrünen mit der völkerrechtswidrigen Abschiebung der zwölfjährigen Vietnamesin im Januar. Der zuständige Jugendstadtrat Joachim Stahr (CDU) wies jede Verantwortung für die Aktion von sich: Pünktlich habe der Vormund in seinem Amt für die Vietnamesin einen Asylantrag gestellt – und sofort nach dessen Ablehnung die Verantwortung nach Reinickendorf abgegeben. Dort im Jugendamt hätten die Fristen für Rechtsschritte gewahrt werden müssen, um eine Abschiebung zu verhindern.

Dieser Darstellung widersprach Werner. Anders als behauptet habe Stahrs Verwaltung zwischen dem abgelehnten Asylbescheid und der Abgabe der Vormundschaft nach Reinickendorf mehr als fünf Monate tatenlos verstreichen lassen. Als Reinickendorf die Personenfürsorge für das Flüchtlingskind übernahm, waren nicht nur sämtliche Klagefristen abgelaufen, sondern war auch die Abschiebung bereits vorbereitet.

Werner hielt dem Stadtrat, dessen Amt immerhin für fast alle minderjährigen Flüchtlinge in Berlin zuständig ist, die Bestimmungen des Völkerrechts vor: Demnach ist die Abschiebung einer Minderjährigen ohne Mitwirkung des Vormundes ausgeschlossen. Entweder, so ihre Folgerung, habe die Innenbehörde Völkerrecht gebrochen oder der Treptower Vormund habe der Abschiebung zugestimmt.

Stahrs Dementi war wenig überzeugend. So seien für Abschiebungen nicht die Innenbehörde, sondern Vormundschaftsgerichte zuständig, erklärte er. Weil für illegal eingereiste Flüchtlingskinder Aufenthaltstitel nicht erteilt würden, beantrage sein Amt sie auch erst gar nicht. Dabei hatte Stahr selbst noch vor zwei Monaten das Gegenteil behauptet: Auf PDS-Anfrage rühmte er sich, inzwischen solche Aufenthaltstitel durchgesetzt zu haben.

Konkreten Antworten wich Stahr aus. Lieber erklärte er, alle von seinem Amt betreuten Kinder wären illegal nach Deutschland eingereist. Schlepperbanden würden an ihnen verdienen. Es sei zudem nicht hilfreich, wenn solche Kinder „allein in Deutschland aufwüchsen, losgelöst von ihrem Kulturkreis und ihren Kontakten“.

Über den weiteren Verbleib der Abgeschobenen in Vietnam hatte Stahr sich keine Sorgen gemacht. Der CDU-Politiker hatte nicht an der Auskunft der Innenbehörde gezweifelt, das Mädchen würde vom deutschen Botschafter und den Großeltern in Hanoi in Empfang genommen. Elke Werner verwies dagegen auf Recherchen, wonach Ha Phuong Nguyen bis heute nicht bei den Großeltern angekommen ist und sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen muß. Grüne, PDS und SPD überwiesen das Thema in den Ausschuß und signalisierten damit Aufklärungsbedarf. Marina Mai