■ Berlin will bosnische Flüchtlinge per Charter abschieben
: Sonntags-Schlagzeile

„Schönbohm will Bosnier bald mit Chartermaschine heimfliegen“, durfte die Berliner Morgenpost gestern auf ihrer ersten Seite titeln. Darunter, kämpferisch: „Berlins Innensenator trotzt der Kritik“. Die Nachrichtenagenturen nahmen die sonntägliche „Exklusivmeldung“ aus dem Berliner Innenressort in Sachen Zwangsabschiebung gern auf. Ein voller Erfolg für die Besetzung des rechten Propaganda-Flakgeschützes aus dem Innensenat, betreut von Schönbohms treuen Gefolgsmannen Thomas Raabe (Pressereferent) und Kuno Böse (Staatssekretär). Meldungen dieser Art sind derzeit wichtig für den früheren Bundeswehrgeneral, der es nicht ganz zum Generalinspekteur gebracht hat: Schließlich bröckelt längst im Mittelbau der (West-)Berliner CDU die Unterstützerfront für den Aufräumer aus Bonn. Denn im Moment wird immer deutlicher, daß Innensenator Jörg Schönbohm seine Hausaufgaben nur mit „ungenügend“ abschließt: die Entlastung des Berliner Pleitehaushalts durch tiefe Einschnitte in seinen – den größten – Etat. Ganz abgesehen davon, daß der Mann, der die NVA in die Bundeswehr integrierte, mit seiner Polizeireform in Berlin scheitert. Der Glanz des „Machers“ verblaßt.

Da bieten sich Bürgerkriegsflüchtlinge an, um das ramponierte Image aufzupolieren. Schließlich sind von den 30.000 Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina, die in Berlin Unterschlupf gefunden haben, erst 1.600 in ihre Heimat zurückgekehrt. Die Gründe dafür liegen in Bosnien selbst. Das Land ist heute soweit von einem dauerhaften Frieden entfernt wie vor 15 Monaten, als in Paris das Dayton-Abkommen unterzeichnet wurde. Erst vor Wochen wurde aus dem Auswärtigen Amt eine vernichtende Wiederaufbaubilanz bekannt: In Sarajevo behindern sich die Mitarbeiter von EU, Weltbank und dem Büro des Hohen Repräsentanten Carl Bildt in beispiellosem Maße gegenseitig. Die 120 Millionen Ecu Aufbauhilfe aus Brüssel – ein Vielfaches des Marshallplanes – versacken im internationalen Wiederaufbauapparat und in den Taschen der kroatisch-serbisch-muslimischen Parteimafia. Der vielbeschworene Wiederaufbau ist genausowenig möglich wie die Rückkehr muslimischer und kroatischer Flüchtlinge in die „Serbische Republik“ und andersherum. Das ist dem Berliner Innensenator egal. Der Mann braucht Schlagzeilen Frank Hofmann

ist freier Journalist und lebt in Berlin