Schlaflos im Aladin

■ Facettenreich: die Band „Faithless“

„Faithless“geben Rätsel auf. Nach zwei Hits im Grenzbereich zwischen gemäßigtem Techno und punktgenauem Rap schoben sie im letzten Jahr eine dritte Single nach, auf der ein eindeutig weißer und langhaariger Sänger zu einer Lagerfeuer-Gitarre „Don't leave“schmachtete. Ein Song, der, ohne ihm etwas Böses zu wollen, durchaus den Einzug auf eine „Kuschel Rock“-Kompilation hätte schaffen können. Derweil wurde gemunkelt, daß die Wurzeln des Bandgründers Maxi Jazz im Acid Jazz lägen.

Der Stilmix des Projekts, das sich live achtköpfig präsentiert, wurde beim Konzert am Sonntag im Aladin keineswegs enträtselt, sondern schlicht lustvoll zelebriert. Es begann mit spannend aufgebautem, zurückhaltend instrumentierten HipHop, auf den bald rockigere Töne folgten. Selbst die besagte Ballade fehlte nicht. Außerdem gab es stampfende Disco-Beats, funkige Gitarren und bluesiges Piano.

Der rappende Frontmann hauchte seine Parts flink, aber entspannt, was hervorragend mit der ruhigen Unterstützung durch die beiden Background-Sängerinnen harmonierte. Erst zum Showdown ließ er die Lendengegend sprechen. Der Song „If Loving You is Wrong, I Don't Want to be Right“war allen Frauen, die ohne Mann gekommen waren, gewidmet, und begann mit den Zeilen: „I'm a sexual animal, I'll eat you like a cannibal“. Ansonsten war für feuriges Temperament die gut bestückte Percussion- und Schlagzeug-Abteilung zuständig. Den meisten Applaus konnten die eingängig simplen, abgehackten Keyboard-Passagen verbuchen, die „Insomnia“und „Salva Mea“zu Ohrwürmern gemacht hatten. Zu denen konnten auch die Techno- und House-FreundInnen wunderbar mit den Armen Schlangenlinien in der Luft machen, wie sie es gerne tun. „Insomnia“wurde gleich zweimal gespielt. Einmal schon recht früh und erstaunlich müde, wenn man bedenkt, daß das Stück von Schlaflosigkeit handelt, und ein weiteres Mal als weitaus munterere Zugabe zum Mitmachen: „I want to see some movement: Jump! Jump! Jump!“Eine Aufforderung, der gerne nachgekommen wurde.

Höhepunkte waren die Stücke, die Background-Sängerin Pauline Taylor als Frontfrau sang. Diese Stücke waren reiner Soul und somit vielleicht die orthodoxesten des Abends, aber auch die rundesten und beeindruckendsten.

„Faithless“machten Musik für Menschen, die sich für mehr als eine Musikrichtung begeistern können. Davon gab es am Sonntag jede Menge. Nur wenige murmelten mißmutig, wenn der Gitarrensound dominierte. Andere nutzten die ruhigeren Momente, um an der Theke zu knutschen oder Energie fürs nächste Tänzchen zu tanken.

Andreas Neuenkirchen