Die Baumarktbeilage. Heute: „Bewegungsmelder“ Von Fritz Eckenga

Guten Tag. Mein Name ist Peter- Hans Kaltenbrecher. Als Leiter einer führenden Filiale einer namhaften Baumarktkette im westlichen Westfalen, also östliches Ruhrgebiet, was aufs selbe rauskommt, möchte ich sozusagen einmal aus professioneller Perspektive eine Stellung beziehen zum Problem der ausreichenden Versorgung mit Bewegungsmeldern im häuslichen Bereich.

Was soll ich dazu sagen?! Ich muß es ja wissen, gibt es doch in meinem Geschäft ein derartig überquellendes Sortiment von auf Bewegungen aller Art reagierenden, sensorisch gesteuerten Licht- und Tonmeldern, daß Sie sich als mein Kunde damit so eindecken könnten, daß keine Ameise und nicht mal eine Amöbe unangefochten an Ihrer Wohnung oder Ihrem Haus vorbeigehen kann, ohne eine bestürzende Flut von Scheinwerfern und Signalsirenen zu alarmieren.

Und wissen Sie was? Die Völker reißen mir das Zeug aus den Händen, daß man den Eindruck haben muß, die kriminellen Zustände selbst in den bürgerlichsten Wohngegenden hätten ein Ausmaß überschritten, das sich vor New York mit seiner Bronx, Sie wissen schon, die Gegend, wo die farbigen Banden von Straßenmusikern immer an diesen brennenden Ölfässern ihre rituellen Straßenkämpfe ausräppen, das sich davor nicht zu verstecken braucht. Aber – soweit es mein Überblick erlaubt, steckt der normale einheimische Verbrecher in einer deutschen Reihenhaussiedlung in der Regel keine Ölfässer an – und räppen tut er schon mal gar nicht. Und trotzdem können Sie des Abends mittlerweile durch keine noch so fußgängerberuhigte Wohnstraße gehen, ohne daß Ihre spaziergehende Bewegung eine angsteinflößende Kettenreaktion von unzähligen 500-Watt-Außenhausflutern auslöst, die einen möglichen Einbrecher durch konsequente Illuminierung von seiner Berufsausübung abhalten soll.

Ich meine, mir soll es recht sein. Ich hau' das Zeug raus, solange es die Nachfrage will. Ich sag' immer: Bitte sehr, ich habe so viel davon, daß ich es verkaufen muß. Aber Scherz an die Seite. Ich werde mir wohl auch noch eine private Meinung erlauben können. Und die fällt nicht unbedingt zum geistigen Vorteil meiner im Bewegungsmelderwahn rotierenden Kundschaft aus.

Einige Herrschaften gehen nämlich mittlerweile sogar dazu über, die Anlagen nicht nur außen am Haus, sondern in den Räumlichkeiten zu installieren. Und wenn Sie mir versprechen, daß diese Indiskretion aber bitte ganz unter uns bleibt: Die Tage war eine gute Kundin, der Name tut jetzt nichts zur Sache, war diese Kundin also zur Beratung bei mir und hat sich die sage und schreibe zwölfte Alarmeinheit zugelegt. Ich sag': „Frau Brantheimer-Kögel, wo wollen Sie die denn jetzt noch anbringen?“ Und da nimmt sie am ganzen Körper diesen verschwörerischen Gesichtsausdruck an und erklärt mir unter dem Siegel der Vertraulichkeit: „Herr Kaltenbrecher, im Schlafzimmer, überm Ehebett. Falls sich bei meinem Mann doch noch mal was tun sollte, möchte ich es doch gerne mitbekommen.“ Und da hab' ich dann nur noch gesagt: „Frau Brantheimer-Kögel, in diesem abstoßenden Fall mache ich Ihnen selbstverständlich einen Sonderpreis. Immer für Sie da!“