■ Querspalte
: Aktenzeichen XY abgelöst

„Man redet von der Berliner Republik, aber wodurch sie sich von der Bonner unterscheidet, ist einstweilen Focus“, erklärte kürzlich Jan Ross im Merkur. Signifikant unterscheidet sich die neue von der alten Bundesrepublik auch durch die Fernsehdauerpräsenz von Claudia Nolte und Henry Maske – und ab dem 24. Oktober 1997 durch die Abwesenheit von Eduard Zimmermann.

Er will nicht mehr. Dreißig Jahre freudlos zäher, grenzüberschreitender, ebenso aufopferungsvoller wie undankbarer Fernsehfahndung nach Handtaschendieben, Raubmördern und Trickbetrügern sind dem großen alten Mann des zarten Schmatzens beim Moderieren genug. Und erst jetzt, nachdem er seinen Rücktritt erklärt hat, fällt es einem wie ein ganze Einbruchswerkzeugschuppen von den Augen: Eduard Zimmermann ist von gestern, ein Relikt, ein Anachronismus wie Heinz Schenk. Er ragt „in die neue Zeit wie so ein alter Kuchenzahn“ (Walter Kempowski in völlig anderem Zusammenhang).

Sichtlich zermürbt vom grimmigen, trotz aller stolzen Fahndungserfolge letztlich aussichtslosen Kampf gegen das zumeist unorganisierte Verbrechen wirkt der Hilfswachtmeister mit dem traurigen Kartoffelkopf und den komromißlos „zurückgepappten Silberhaaren“ (Eckhard Henscheid) schon seit Jahren. Auch wenn er der Weißen Rose, dem Weißen Haus und dem Weißen Hai die Organisation Weißer Ring an die Seite gestellt und es zur Ehrenmitgliedschaft im Bund deutscher Kriminalbeamter gebracht hat, ist mit Zimmermann kein Polizeistaat mehr zu machen. Denn das Publikum, das sich jahrzehntelang sorgfältig portionierte Angstschauer über den Rücken jagen ließ, ist inzwischen teils vor Schreck weggestorben, teils auf schärfere Kost aus.

Nun muß Eduard Zimmermann dort hinaus, wo er das Loch gelassen hat. Trösten kann er sich damit, daß ihm Ulrike Meinhof 1968 in Konkret zwar eine „faschistische Manier“ bescheinigt, aber doch auch zugebilligt hat: „Die Sendung ist gut gemacht.“ Gerhard Henschel