„Unwahrscheinlich demokratisch“

■ FC St. Pauli stellte „seinem Stadtteil“die Stadionausbaupläne vor: Kritischen Fragen wich Präsident Weisener beständig aus

Wie schon die vergangenen Heimspiele des FC St. Pauli war auch dieses nicht ausverkauft. Etliche Plätze blieben Montag abend leer, als der Fußball-Club in „Schmidts Tivoli“geladen hatte, um „seinem Stadtteil“das Stadionprojekt vorzustellen. Die St. Paulianer hatten wohl besseres zu tun oder fühlten sich nicht angesprochen – der überwiegende Teil der rund 300 Interessenten waren keine Bewohner des „geschundenen Stadtteils“, wie kollektiv befunden wurde, sondern Fans des FC.

Entsprechend euphorisch ging es zu, als Präsident Heinz Weisener und Architekt Reinhard Kock vom „Büro Weisener“die Ausbaupläne für den 35.000 Zuschauer fassenden „Super-Papa-Dome“im Beisein der Bezirkspolitiker vorstellten. Wie schon zuvor die Mitglieder bei der Jahreshauptversammlung ließen sich auch die meisten Zuhörer im Tivoli von Weiseners Ausführungen mitreißen: „Laßt es uns anpacken.“Der Applaus wollte nicht enden.

Kritische Fragen wegen befürchteter Lärmbelästigungen und noch mehr Verkehr waren bei den Verantwortlichen (Tenor: „Kriegen wir hin“) nicht so gerne gesehen. Als eine Anwohnerin konkret wissen wollte, ob es während der geplanten Bauzeit von Ende 1997 bis Spätherbst 1998 zu zusätzlichen Beeinträchtigungen komme, hielt Weisener dies wohl für Majestätsbeleidigung. „Wenn ich Ihnen den Bauablauf schildern würde, säßen wir noch morgen früh hier“, wurde die „unwahrscheinlich demokratische“Bürgerbeteiligung beendet.

Ebenso ausweichend, wenngleich im Ton verbindlicher, äußerte sich der Präsident zur Finanzierbarkeit des 65-Millionen-Mark-Vorhabens: „Wir sind sicher, daß es realistisch ist.“Vielleicht schon in vier Wochen könne er Genaueres sagen. Eines sei jedoch sicher: „Ich arbeite mit zunehmender Fröhlichkeit dran.“

Die gute Laune verwundert nicht. Hamburgs oberster Wahlgeschenke-Verteiler Henning Voscherau sagte jüngst seine Unterstützung zu. Auch die Behörden finden die Baupläne mittlerweile so überzeugend, daß das „Büro Weisener“sogar wegen der 3,5 Millionen Mark teuren Erweiterung der ans Stadiongelände angrenzenden Schulsporthalle kontaktiert wurde.

„Wir sind im Gespräch“, ist vom zuständigen Sportamt zu erfahren. Man brauche Planer, die mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut seien. „Wir machen das aber nicht, um daran zu verdienen“, stellte Architekt Kock gestern gegenüber der taz klar, „sondern damit es eine einheitliche Gesamtplanung gibt.“Soll ja schließlich alles hübsch werden am Millerntor.

Clemens Gerlach