Niemand will verantwortlich sein

■ Die Abschiebung der zwölfjährigen Vietnamesin Ha Phuong Nguyen sorgt für Streit zwischen den Bezirken

Der Streit um die Abschiebung der zwölfjährigen Vietnamesin Ha Phuong Nguyen zieht immer weitere Kreise. Reinickendorfs Jugendstadtrat Wolfgang Brennecke (SPD) weist jetzt die Vorwürfe seines Treptower Amtskollegen Joachim Stahr (CDU) zurück, wonach das Reinickendorfer Jugendamt die Aufenthaltslegalisierung für die im Januar abgeschobene Ha Phuong Nguyen verschlafen habe.

„Es gibt die Vereinbarung, daß Treptow bis zum rechtsmäßigen Abschluß des Asylverfahrens die Verantwortung übernimmt. In diesem Einzelfall bekamen wir erst sechs Monate nach dem abgelehnten Asylbescheid die Vormundschaft, die bis dahin in Treptow lag“, so Brennecke. Das Verhalten seines Amtskollegen, „den Schwarzen Peter anderen zuzuschieben“, findet er „merkwürdig“.

Sabine Rotte vom Arbeitskreis junge Flüchtlinge des Flüchtlingsrates äußerte ihre Verwunderung, daß der für die Personenfürsorge nahezu aller Berliner Flüchtlingskinder zuständige Stadtrat „so inkompetent im Ausländerrecht“ ist. „Die Auskunft an seine Bezirksverordneten, wonach für illegal eingereiste Flüchtlinge eine Duldung nicht erteilt werden kann, widerspricht der Rechtslage.“

Inzwischen hat die Grünen-Politikerin Rita Kantemir die Jugendsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) aufgefordert, sich für die Wiedereinreise des vietnamesischen Mädchens einzusetzen. Kantemir war es gelungen, mit Ha Phuong Nguyen in deren Heimatstadt Hai Phong zu telefonieren. Das Mädchen gab an, die Großeltern, die schwer erkrankt wären und sich nicht mehr um ein Kind kümmern könnten, nur kurz gesehen zu haben und sich inzwischen in einer anderen Familie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen zu müssen. Nach Auskunft der Berliner Behörden wären die Großeltern zur Aufnahme ihrer Enkeltochter bereit gewesen.

Kantemir zufolge hätten sie jedoch nicht einmal von der Rückkehr des Mädchens gewußt und wären aus allen Wolken gefallen, als sie sie sahen. Kantemir: „Die Abschiebung eines Kindes, ohne eine Betreuung im Herkunftsland zu sichern, widerspricht dem Völkerrecht.“ Der Grünen-Politikerin zufolge wäre auch die Auskunft der Innenbehörden unhaltbar, wonach das Mädchen in Begleitung eines Erwachsenen nach Hanoi geflogen sei. So hätte es dem Völkerrecht entsprochen. In Wahrheit sei lediglich zwischen Berlin und Frankfurt am Main das Mädchen kindgerecht begleitet worden. mai