■ Bundeswehr I: Jagd auf Ausländer in Detmold
: Soldaten - bedingt vertrauenswürdig

Staatliche Institutionen sind immer auch ein Spiegelbild politischer Tendenzen in der Gesamtgesellschaft. In besonders hohem Maße gilt das für eine Wehrpflichtarmee. Die Tatsache allein, daß Soldaten als gewalttätige Horde brutale Jagd auf Ausländer gemacht und dabei rassistische Parolen gebrüllt haben, spricht also noch nicht gegen die Bundeswehr. Rückschlüsse auf das politische Klima bei der Armee lassen sich daraus nicht ziehen, und zwar um so weniger, als die jungen Männer erst seit kurzem ihren Wehrdienst ableisten. Ihre Ansichten dürften sie schon zur Bundeswehr mitgebracht haben. Da bekannt ist, daß es in Deutschland junge Rechtsextremisten gibt, kann es nicht verwundern, daß sie auch unter Soldaten zu finden sind.

Die Alarmglocke läutet an anderer Stelle. Die Wehrdienstleistenden wurden für einen Einsatz im Rahmen der internationalen Militäroperation in Bosnien ausgebildet. Immer wieder haben Verteidigungsminister und militärische Führung betont, wie sorgfältig die dafür in Frage kommenden Soldaten auf ihre Eignung hin überprüft werden.

Nach den Vorgängen in Detmold stellt sich die Frage, welche Gesichtspunkte dabei eine Rolle spielen. Das Argument der Hardthöhe, ein Eignungstest könne keine Gesinnungsprüfung sein, sticht nicht. Im Gegenteil. Genau das muß geschehen: Anwärter für Auslandseinsätze der Bundeswehr sind auf ihre Gesinnung hin zu überprüfen, und zwar im Blick auf eine mögliche rechtsextremistische Neigung. Denn so wahr es ist, daß die Ereignisse von Detmold nicht die Bundeswehr in ihrer Gesamtheit in Mißkredit bringen, so wahr ist andererseits, daß Waffen, Kampf und Männerkameraderie auf Rechtsextremisten oft eine besondere Anziehungskraft ausüben.

Je „normaler“ deutsche Militäreinsätze im Ausland werden, desto mehr Soldaten werden dafür gebraucht. Das vergrößert ohnehin die Gefahr, daß Sorgfalt und Wachsamkeit beim Auswahlverfahren nachlassen. Die ausländerfeindlichen Ausschreitungen der jungen Wehrpflichtigen lassen befürchten, daß es bereits fünf nach zwölf ist. Verteidigungsminister Rühe, dem nach eigenen Worten am Ansehen Deutschlands in der Welt viel gelegen ist, muß schnell mehr tun, als nur seiner Bestürzung Ausdruck verleihen. Bettina Gaus