■ Mit dem Rio-Folgeprozeß auf du und du
: Gegen Globalisierung

Als die Agenda 21 auf dem Erdgipfel in Rio verabschiedet wurde, war „Globalisierung“ nur in Fachkreisen ein Thema. Inzwischen führt fast jeder das Wort im Munde, spüren viele Länder die Folgen der internationalen Konkurrenz: Das Auslagern arbeitsintensiver Produktionsbereiche in Billiglohnländer (wobei immer wieder noch billigere Standorte auftauchen), verschärfte Rationalisierung – und nicht zuletzt ein zunehmendes soziales Gefälle.

In dieser Situation wird Umweltschutz zunehmend als luxuriöse Nebensache aufgefaßt. Dabei verschärft Globalisierung die Umweltzerstörung: Mit der Zunahme des Welthandels steigen auch die Stoffströme und das Verkehrsaufkommen, unterbieten sich die Staaten gegenseitig durch großzügige Duldung von Flächenverbrauch, Rohstoffverschwendung und Umweltverschmutzung. Effizienzsteigerungen in der Produktion werden oft schon durch die Ausdehnung der erzeugten Warenmengen wieder zunichte gemacht.

Immer weniger nehmen die Nationalstaaten Einfluß auf die internationale Wirtschaft. Vielfach ist dies schlicht unmöglich geworden. Die internationalen Finanzmärkte verfügen mittlerweile über einen Einfluß, der die staatliche Geld- und Zinspolitik stark einschränkt.

Doch in der Welthandelsorganisation (WTO) böte sich ein Ansatzpunkt für die Staatengemeinschaft, Einfluß zurückzugewinnen. Sie könnte soziale und ökologische Mindeststandards einführen. Möglich wäre das nach Meinung des Forums Umwelt und Entwicklung, wenn die WTO eine Vorrangklausel für „Belange der nachhaltigen Entwicklung“ schaffen würde, die sich an den Beschlüssen des Umweltgipfels in Rio orientiert. Zudem müßte die WTO-Arbeitsgruppe Handel und Umwelt Freiräume schaffen für einzelne Staatengruppen, handelspolitische Maßnahmen in multilateralen Umweltabkommen zu beschließen.

Andere Umweltexperten regen die Gründung einer WTO- ähnlichen internationalen Steuerorganisation an, in der einzelne Staaten ihre Steuersysteme absprechen könnten. So ließe sich die Spirale des gegenseitigen Unterbietens der Staaten mit immer noch wirtschaftsfreundlicheren Investitionsbedingungen zu Lasten von Sozialstandards und Umwelt unterbrechen und nationale Souveränität zurückgewinnen. Uwe Kerkow