Kohl soll die SPD bitten

■ Weiter Streit um Steuergespräche zwischen Regierungskoalition und SPD

Bonn/Berlin (AFP/taz) – Die Bonner Koalition will die SPD zu neuen Gesprächen über die Steuerreform einladen. Finanzminister Theo Waigel (CSU) solle im Auftrag der Regierungsparteien den SPD-Fraktionschef Rudolf Scharping einladen, hieß es nach einem Treffen der Spitzen von Union und FDP. Gleichzeitig griffen Koalitionspolitiker SPD-Chef Oskar Lafontaine scharf an.

Nach zwei Sondierungstreffen mit der Koalition hatte die SPD nämlich ein drittes Steuergespräch vor rund zehn Tagen aus Protest gegen die Bonner Kohlepolitik platzen lassen. Scharping forderte nun ein „klares Signal“ der Regierung, was sie zur Entlastung von Leistungsträgern und Familien sowie zur Senkung der Lohnnebenkosten tun wolle. Die Chancen für eine Einigung zwischen Koalition und SPD seien gering. Vor Beginn der Fraktionssitzung teilte Scharping mit, Lafontaine werde Kanzler Kohl einen Brief schreiben. Von der Antwort Kohls werde abhängen, ob weitere Gespräche stattfinden oder nicht.

CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Joachim Hörster betonte, die Koalition sei gesprächsbereit. Er habe den Eindruck, daß Lafontaine „eher auf dem Trip ist, alles zu torpedieren und zu behindern“. Mit einer „Totschlagsdiskussion“ lasse sich schlecht ein Steuergesetz organisieren. Lafontaine gehe es um die „persönliche Machtfrage“. Spätestens bei der Stellungnahme des Bundesrats zum Steuergesetzentwurf der Bundesregierung müsse die SPD aber konkret sagen, was sie geändert haben wolle.

CSU-Generalsekretär Bernd Protzner erklärte in München, in der SPD habe sich Lafontaines Linie durchgesetzt, die Steuerreform „durch allerlei Winkelzüge und Taschenspielertricks zum Scheitern zu bringen“. Die Partei suche „offenbar nach jedem Schlupfloch, um seriösen Gesprächen zu entkommen“. FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle sagte im Berliner Kurier, er glaube nicht daran, daß es bis Ostern zu Gesprächen über die Steuerreform komme.