Nicht nur Lippen spitzen

■ Urabstimmungen im Gastgewerbe

Ab Montag kann, wie's aussieht, auf der Autobahn-Raststätte Stillhorn, im SAS-Radisson-Hotel, im CCH-Gastrobereich und im Hotel Europäischer Hof gestreikt werden: Die Urabstimmungs-Urnen, die die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in dieser Woche vor den Betrieben plaziert hat, sind gut besucht.

„Wer die Lippen spitzt, muß auch mal pfeifen“, meinte gestern Richard Meißner, Oberkellner im Congress Centrum Hamburg (CCH). Immer seien die Beschäftigten in der Gastronomie zahm und duldsam gewesen, erklärt NGG-Verhandlungsführer Oliver Schulte. Der „Dienst am Kunden“habe auch für den letzten Tellerwäscher stets Vorrang vor eigenen Interessen gehabt.

Doch diese Zeiten, hofft die NGG, sind vorbei: Im Februar dieses Jahres zerbrach der in 14 Monaten mühsam zwischen Gastgewerbeverband und NGG ausgehandelte Manteltarifvertrag an der Forderung nach hundertprozentiger Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Denn für die Fortzahlung wollen die Arbeitgeber die im Manteltarifvertrag erhandelten vier zusätzlichen Urlaubstage wieder einkassieren. Der Gastgewerbeverband begründet seine Haltung mit Umsatzrückgängen: Nicht zuletzt hätten Neueröffnung von einem Dutzend Hotels in den vergangenen Jahren zu Überkapazitäten und Preiskämpfen geführt.

„Dies ist das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, daß die NGG ihre Mitglieder zum unbefristeten Arbeitskampf aufruft“, erklärt Schulte. 32.000 Gastro-Beschäftigte gibt es in Hamburg, davon arbeiten rund 11.000 als „Nicht-Organisierbare“in kleinen Kneipen- und Familienbetrieben, vom Rest sind wiederum 40 Pozent teilzeitbeschäftigt. uwi