Der Herr der Chöre

■ Der vielbeschäftigte Dirigent Joshard Daus lädt an diesem Wochenende zur Chorakademie in die Hochschule Bremen

Joshard Daus muß wohl Tag und Nacht organisieren: Allein vom Lesen der Unterlagen über seine weltweiten und völkerverbindenden Chorideen schwirrt einem der Kopf. Dritte Deutsch-polnische Chorakademie, erstes Chorseminar und Meisterkurse in Danzig, zweite Konzertreise Bremen und Hamm, dritte Konzertproduktion mit dem Südwestfunk, Klassiksommer Hamm, internationale Chorakademie in Verbindung mit dem Südwestfunkorchester, Meisterkurse für NachwuchssolistInnen und DirigentInnen...Hilfe! Ein Glück, daß der Mann noch Zeit fand, etwas Licht in dieses Organisationsgeflecht zu bringen, zumal an diesem Wochenende auch Bremen darin verwickelt ist.

Joshard Daus, Professor an der Universität Mainz und zugleich Leiter des Bremer Brahmschores, hat in Zusammenarbeit mit der Hochschule Bremen und der Uni Mainz eine Europäische Chorakademie gegründet, unter deren Dach fortan eine Menge passieren soll. Daus ist seit Jahr und Tag um den laienchorischen Nachwuchs bemüht und möchte diese SängerInnen mit gezieltem Gesangsunterricht während der Probenphasen weiter qualifizieren.

Außerdem will er SängerInnen vieler Nationalitäten miteinander in Verbindung bringen und für jedes große Projekt andere Chöre miteinander singen lassen: So werden in der dritten deutsch-polnischen Oratorienakademie der Brahmschor Bremen, Chöre aus Danzig, Riga, Poitiers und Glasgow zusammen auftreten. „Das klingt einfach toll, wenn man die Wärme der italienischen Stimmen zum Beispiel mit den tiefen der Russen zusammenbringt“, sagt Daus. Der Chorleiter legt Wert auf die Feststellung, daß „es nicht die geringste Konkurrenz für die Musikhochschule sein soll“. Es geht ihm um die musikalischen Laien, darum, „einen musikalischen Humus in der Gesellschaft zu bilden“.

Kontakte sind schon in alle europäischen Länder geknüpft worden. Daus hat nämlich beobachtet, daß es an qualifizierten Chören für sinfonische Großprojekte generell fehlt: „Die Berliner Philharmoniker fliegen immer den schwedischen Rundfunkchor ein. Ich habe schon mit Claudio Abbado gesprochen, daß ich da eine Alternative hätte“. Außerdem ist er mit dem Südwestfunk in Verbindung getreten, weil der auch keinen Chor mehr hat. Schließlich bemüht sich Daus, der die Chorvorbereitungen für Sergiu Celibidache geleitet hat, um die Verpflichtung berühmter Dirigenten, um „Brennpunkte für Chororchesterarbeit“entstehen zu lassen.

Für die nächsten Projekte, die in Bremen anlaufen, hat er Heinrich Schiff und Sylvain Cambreling angeworben. Schiff wird dem von Daus aufgebauten Chor und dem Südwestfunkorchester das Verdi-Requiem dirigieren. Weiter fallen die Namen Philipp Herreweghe, Daniel Barenboim und Michael Gielen.

Am Freitag abend beginnt in Bremen mit einem Liederabend der Sopranistin Maria Venuti eine weitere Projektidee der Europäischen Chorakademie: Sogenannte Meisterkurse für Gesang und Dirigieren, an deren Ende die Aufführung eines großen chorischen Werkes steht und die angefüllt sind mit allerlei Beigaben: Dirk Schortemeier gibt ein kabarettistisches Nachtkonzert, Heinz Lemmermann präsentiert einen heiter-satirischen Abend.

Maria Venuti wird wie der Tenor Hans Peter Blochwitz, der am 24.3. in der Oberen Rathaushalle Schuberts Winterreise singen wird, einen Meisterkurs leiten: Diese Kurse sind offen für ZuhörerInnen. Joshard Daus selbst unterrichtet Dirigieren und ist der Leiter der Bach'schen Johannes-Passion am 26.3. in der Glocke.

Ute Schalz-Laurenze

Termine der Europäischen Chorakademie: Freitag, 20 Uhr, Waldorfschule Toulerstr: Liederabend Maria Venuti. Samstag 20 Uhr Heinz Lemmermann im Uni-Theater, Sonntag 20 Uhr im Foyer der Glocke: Liederabend der TeilnehmerInnen, Montag 20 Uhr, Obere Rathaushalle: Liederabend Hans Peter Blochwitz, Dienstag, 20 Uhr, Kirche St. Johann: Werkstattkonzert Johannes-Passion, Mittwoch 20 Uhr, Glocke: Johannes-Passion.

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