Die Grenzen der Mietobergrenzen

■ Findige Vermieter versuchen immer öfter, Mietobergrenzen in den Sanierungsgebieten zu umgehen. Gegen teilgewerbliche Mietverträge hilft oft nur eine bessere Information der Wohnungssuchenden

Eine Fünfzimmerwohnung für 1.200 Mark – für Christian F. war das ein durchaus faires Angebot. Zusammen mit drei Freunden war F. in Prenzlauer Berg auf WG-Suche. Zwar bestand der Vermieter der 120-Quadratmeter-Wohnung in der Pasteurstraße im Bötzowviertel auf einem teilgewerblichen Mietvertrag. Doch 300 Mark Miete für jeden schien den vier Wohnungssuchenden machbar. Was sie nicht wußten: Im Sanierungsgebiet Bötzowstraße gilt für Wohnungen dieser Größenordnung eine Mietobergrenze von 6,33 Mark pro Quadratmeter. Statt der vom Vermieter geforderten 10 Mark pro Quadratmeter zuzüglich Betriebs- und Heizkosten hätte die Wohnung damit lediglich 760 Mark kosten dürfen.

Mietobergrenzen sind in den Berliner Sanierungs- und Milieuschutzgebieten oftmals der einzige Schutz vor Verdrängung. Um die Bewohner vor allzu hohen Mietforderungen durch Privatmodernisier zu schützen, wurde in diesen Gebieten eine Sozialstudie erarbeitet, in der exakt jener Schwellenwert der Mietbelastung errechnet wurde, der für die Mehrheit der ansässigen Bevölkerung im Gebiet noch bezahlbar ist. Nachdem diese Festlegung einer zulässigen Mietobergrenze mittlerweile auch in der Rechtsprechung akzeptiert ist, versuchen findige Eigentümer nun, nicht nur Wohnungssuchende, sondern auch die für die Überprüfung der Mietverträge zuständigen Sanierungsämter an der Nase herumzuführen.

Im Bötzowviertel ist die Masche mit den teilgewerblichen Verträgen vor allem bei Neuvermietungen kein Einzelfall. So berichtet die bezirkliche Mieterberatung von einem Vermieter in der Hufelandstraße 3, bei dem sich ein Wohnungssuchender vertraglich verpflichten mußte, ein Zimmer für 35 Mark pro Quadratmeter zu mieten. Mittlerweile seien mehrere Häuser bekannt, in denen teilgewerblich vermietet werde.

Auch der Betroffenenvertretung ist das Problem bekannt. Sie informiert das Bezirksamt immer wieder über die neuen Machenschaften der Hauseigentümer. Die für das Bötzowviertel zuständige Mitarbeiterin der Sanierungsverwaltungsstelle, Marquardt, sieht in solchen Fällen allerdings kaum Möglichkeiten, rechtlich einzuschreiten. Eine teilgewerbliche Vermietung sei schließlich nicht illegal. Dazu kommt, daß das Verbot der Zweckentfremdung erst greift, wenn fünfzig Prozent der Wohnungen gewerblich genutzt werden.

Ähnlich sieht das auch der Rechtsanwalt Rainer Tietsch, der das Bezirksamt in Sachen Umgehungsversuche der Mietobergrenzen berät: „In den Verträgen steht oft drin, daß die teilgewerbliche Vereinbarung ausdrücklich auf Wunsch des Mieters abgeschlossen wurde“, sagt Tietsch. In solchen Fällen sei es kaum möglich, dem Richter deutlich zu machen, daß man dazu genötigt worden sei. Tietsch rät deshalb allen Wohnungssuchenden, sich über die Mietobergrenzen zu informieren.

Gegen allzu dreiste Vermietermaschen ist das Bezirksamt allerdings gewappnet. So hatte der Eigentümer eines Hauses in der Danziger Straße neben dem regulären Mietvertrag eine Zusatzvereinbarung abgeschlossen. Darin war unter anderem die Nutzung vorhandener Einrichtungen geregelt. Kostenpunkt: mehrere Mark pro Quadratmeter. Für die Mieterberatung ist zumindest in dem Fall klar: „Damit kommen die nicht durch.“ Uwe Rada