Goldiges Tafelsilber

■ Gewinne der Landesbank explodieren, der Senat will sie trotzdem verkaufen

Glücklicher kann ein städtisches Unternehmen seinen Eigentümer kaum machen: Die Hamburgische Landesbank meldete gestern überstolz einen Gewinnsprung von 20 Prozent und die Neueinstellung von 70 BankerInnen für 1996. Die Freie und Pleitestadt Hamburg will dennoch 49 Prozent ihrer Bank verscherbeln, um Haushaltsdefizite zu stopfen.

Landesbankchef Werner Schulz zeigte sich darob gestern sichtlich genervt: „Seit zwei Jahren sind die Verhandlungen in der heißen Phase. Und eigentlich immer noch erst am Anfang. Wir wollen endlich Klarheit: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.“60 Millionen Mark für die Stadtkasse, 70 neue gutbezahlte Arbeitsplätze und eine Steigerung des Unternehmenswertes um mindestens 300 Millionen Mark allein im Vorjahr weist die Bilanz für 1996 aus. Schulz stolz: „Wir werden von Jahr zu Jahr attraktiver. Wir bemühen uns auch, dem Senat deutlich zu machen, daß er uns möglichst lange behalten soll.“

Tatsächlich hat sich die Landesbank in den vergangenen Jahren zu einer außerordentlichen Perle unter den deutschen Staatsbanken entwickelt. Sie setzte nicht blindwütig auf Expansion und ließ die Finger von riskanten Großgeschäften, stürzte sich aber energisch auf lukrative Nischen. So sind heute 850 Schiffe weltweit mit Landesbankgeld finanziert.

Und während das Engagement in Sachen Fleisch (Handel, Schlachtmärkte) konsequent abgebaut wird, sind Flugzeugfinanzierungen stark im Kommen. Mit einer mittlerweile bereits überaus einträglichen Tochter in Hong Kong hat die Landesbank einen weiteren Trumpf in ihrer auf Welthandel, Schiffe, Flugzeuge, Leasing, Wertpapierhandel und Immobilien ausgerichteten Geschäftsstrategie.

Das allerdings hat den Appetit von übernahmewilligen Banken geweckt: Neben einigen Landesbankkonsortien bewirbt sich auch die Hamburger Sparkasse, die größte ihrer Art in Deutschland. Sie will aber mindestens 51 Prozent und damit die Mehrheit an der Landesbank schlucken. Die Landesbanker selbst hoffen unterdessen klammheimlich immer noch auf ihre Lieblingslösung. Schulz: „Ein Gang an die Börse ist auch noch nicht ganz vom Tisch.“

Florian Marten