"Abschiebung per Charterflug funktioniert nicht"

Was die Innenverwaltung angekündigt hat – bosnische Flüchtlinge nach Ostern massenhaft in Chartermaschinen abzuschieben – wird nicht nur von Flüchtlingsorganisationen, sondern auch von der deutschen Botschaft in Bosnien mit Skepsis bewertet. Thorsten Keiler vom Flüchtlingsreferat der Botschaft in Tuzla geht davon aus, daß selbst mit gecharterten Flugzeugen die Zahl der Rückkehrer nicht „signifikant“ gesteigert werden kann.

„Diese Art von Abschiebung wird in der Praxis nicht funktionieren“, ist Keiler überzeugt. Die Flüchtlinge seien häufig nicht mehr „greifbar“, da sie fristgemäß über die geplante Abschiebung informiert werden müßten.

Das von Innenminister Kanther (CDU) anvisierte Ziel, noch in diesem Jahr 100.000 der über 300.000 in Deutschland lebenden Flüchtlinge loszuwerden, hält Keiler nicht nur für „unrealistisch“, sondern auch für die innenpolitische Lage in Bosnien nicht förderlich: „In dieser geplanten Größenordnung wird der Zuzug der Flüchtlinge aus Deutschland zu Instabilitäten führen.“

Keiler schraubt Kanthers Plan fast um die Hälfte zurück. Er geht davon aus, daß Bosnien höchstens 60.000 Flüchtlinge aus Deutschland in diesem Jahr verträgt. Wie lange die Rückkehr der Flüchtlinge dauern wird, weiß Keiler nicht. Nur: „Sämtliche Flüchtlinge aus Deutschland werden nie zurückkehren.“ Trotzdem hält die Innenverwaltung an Abschiebungen mit Charterflügen fest. Nach Angaben von Pressesprecher Thomas Raabe habe man bereits „Angebote auf dem Markt“ eingeholt.

Geplant seien Maschinen „ab zehn Personen aufwärts“. Bei mehreren hundert der etwa 9.000 Flüchtlinge der „Phase 1“ – Alleinstehende und kinderlose Ehepaare – laufe die Duldung in den nächsten Tagen aus. Viele von ihnen hätten eine feste Meldeadresse. Damit seien die Voraussetzungen für eine Abschiebung erfüllt. wahn/nau

Siehe auch Bericht Seite 4