Internationaler Frauentag: Alle Frauen haben einen Körper

■ betr.: „Echt, alles fürn Arsch?“, Frauentaz vom 8./9. 3. 97

Zum nächsten Internationalen Frauentag wünsche ich mir anstelle eines nackten Frauenarschs eine männliche „Po-Ebene“. Da haben ja dann auch homosexuelle Männer was davon. Lesben können sich mit der betreffenden Seite den Hintern abwischen, also political correctness rundherum.

Überhaupt würde ich gerne anregen, sich gerade am Frauentag mehr mit Männern zu beschäftigen, insbesondere ein Interview mit André Eisermann über sein Sexualleben empfände ich als schöne Geste, wie man sie gerade von der taz erwarten kann.

Als einzige progressive Tageszeitung in diesem Lande muß es ihre Aufgabe sein, neue Standards männlicher Attraktivität zu setzen. Andernfalls wäre auch die nächste Frauentaz fürn Arsch. Siglinde Kuhnen-Meyersberger,

Vorstandsmitglied Aktionsfo-

rum reformierter Feminismus,

München

Ich bin maßlos enttäuscht über Eure Wechseljahre-Ausgabe zum Weltfrauentag. Dabei bietet dieses Thema eine Fülle von Ansätzen, die Ihr hättet kritischer beleuchten können: Die Ausweitung der hormonellen Behandlung von Frauen – nicht nur in den Wechseljahren – und der wirtschaftliche Nutzen der Pharmaindustrie, die Beschneidung von Mädchen und Frauen (siehe „K(l)eine Beschneidung“, taz vom 4. 3. 97), die weltweite Vermarktung insbesondere des weiblichen Körpers zum Beispiel durch Frauenhandel und Sextourismus, die Ausbeutung von Frauen aus wirtschaftlich armen Ländern für unsere Mode, die massiven Einschnitte im sozialen und gesundheitlichen Bereich, die reproduktionstechnische Enteignung und Entwürdigung des weiblichen Körpers hin zur asexuellen Fortpflanzung, die Vernichtung weiblicher Föten durch Sexing, um nur einige zu nennen.

Statt dessen verweist Ihr lediglich auf die – unbestritten auch vorhandene – Mittäterschaft von Frauen und auf eine Modewelle wie „Jane Bond“ in urbanen Zeiten zur Dekonstruktion von Geschlecht durch Vermischung nach dem Motto: Alles ist möglich, alle sind gleich. Selbst die von Euch aufgezeigten Gesten der Macht reduzieren erfolgreiche Frauen auf ihre vermeintlich persönlichen Schwächen – hattet Ihr kein Bildmaterial von mächtigen Frauen ohne „Unterwürfigkeitsgesten“?

Sexismus auf die angebliche freiwillige Beteiligung von Frauen und deren von Euch und angeblich Feministinnen entdeckten „sprudelnden sexuellen Bedürfnisse“ (siehe „Auf den G-Punkt gebracht“,taz vom 6. 3. 97) reduzieren zu wollen ist eine Umkehrung der Realität und Leugnung der Machtverhältnisse. [...] Monika Klinkhammer, Bonn

[...] Die taz scheint dem Internationalismus des Frauentags schon damit Genüge tun zu wollen, daß alle Frauen einen Körper haben – das kann es ja dann doch nicht sein. Konkret: Zum internationalen Frauentag liefert die taz lediglich US-amerikanische und europäische Ideen und Ansätze zum Thema Körperpolitik und Schönheit. Das mag in den siebziger Jahren in Ordnung gewesen sein, inzwischen hatten wir aber eine Auseinandersetzung zum Thema Eurozentrismus und Rassismus.

Und dann, besonders ärgerlich: Wenn afrikanische Frauenbilder bemüht werden, dann die von Mädchen, denen „der Hals (...) mit Metallringen derart in die Länge gezogen (wird), daß die Abnahme der Ringe sofort mit Todesstrafe – Kopfabknicken – geahndet würde“. Das Bild, das diese Aussage kreiert, hat die Funktion, uns wunderbar leicht von solch archaischen Traditionen abgrenzen zu können: ja ja, rigide Schönheitsideale, arme und unterdrückte Frauen... Dabei könnte das Thema „Schönheitsideale“ und dessen Relativität wunderbar auch im interkulturellen – statt im historischen – Kontext angeschnitten werden (vielleicht findet zum Beispiel das namenlose ostafrikanische Mädchen ihren langen Hals ja genauso schön wie die Drag- Queen Stephan ihre Füße in zehn Zentimeter hohen Stöckelschuhen).

Im Zusammenhang mit dem Thema „Körperpolitik“ gäbe es weitere durchaus erwähnenswerte feministische afrikanische und global geführte Debatten. Weibliche Genitalverstümmelung zum Beispiel gilt für viele Frauen als „schön“ bzw. „rein“. Hierzu gibt es eine differenzierte und interkulturell problemorientierte Debatte, die sowohl das Selbstverständnis westlicher Feministinnen mit ihren Vorstellungen von Frauenrechten thematisiert als auch die „Mittäterinnenschaft“ von Frauen.

Schade. Nächstes Jahr? Regina Frey, Berlin

Ein großes Lob an Frau Yvonne Kuschel und die taz für die wirklich sensationelle Titelzeichnung vom 8. März zum „Frauentag“. Wunderbar. [...] Katrin Haas, Berlin