Häßlicher, als die Polizei erlaubt

■ Daniel Porst wurde wegen des Besitzes von Nutzhanfpflanzen zu 2.000 Mark Strafe verurteilt, weil seine Blumentöpfe nicht den ästhetischen Vorstellungen des Gerichts entsprachen

In Sachen Hanf ist Deutschland ein geteiltes Land. Doch die Grenze verläuft nicht zwischen Ost und West, sondern zwischen Nord und Süd. Während auf der einen Seite des Jointäquators Kieler Kiffer ihren schwarzen Flensburger demnächst in der Apotheke kaufen können, werden in der südlichen Hemisphäre Nürnberger Hanfaktivisten schon wegen des Ausstellens von rauschmittelfreiem Nutzhanf im Schaufenster verknackt.

Die Geschichte begann vollkommen harmlos. Im Juli letzten Jahres stellte der Hanfladenbesitzer Daniel Porst, 24 Jahre alt und ein Enkel des Fotohaus-Begründers, sein Auto verkehrswidrig vor seinem Geschäft Brainwash in der Nürnberger Parkstraße ab. Ein Strafzettel an seinem Scheibenwischer, ausgestellt von einem Polizisten namens Salomon, brachte Porst dann jedoch so sehr in Rage, daß er zum nächsten Polizeirevier sauste und den wachhabenden Beamten eine Nutzhanfpflanze auf den Tisch stellte: „Die schenke ich dem Kollegen, der den Strafzettel ausgestellt hat, damit er in Zukunft etwas cooler wird.“

Als die Gesetzeshüter Porst darauf aufmerksam machten, daß das nicht Rechtens sei, entgegnete er, daß es sich bei der Pflanze um Nutzhanf handle und dieser nicht mehr illegal sei. Das sah die Polizei anders und rückte in seinem 20- Quadratmeter-Laden ein, um weitere 19 Hanfpflanzen zu beschlagnahmen, die das Schaufenster des Ladens zierten. Die Pflanzen hatte Porst bei dem Hanfbauern Dupetit erworben, der insgesamt rund 5.000 Exemplare des umstrittenen Gewächses verkauft hatte.

Eine Anklage wegen „unerlaubten Besitzes“ und „Abgabe von Betäubungsmitteln“ und eine Verhandlung vor dem Amtsgericht Nürnberg folgten. Daniel Porst wurde schuldig gesprochen und zu 1.600 Mark Strafe verurteilt. Er ging in Revision vor das Nürnberger Landesgericht. Doch auch hier hatte er keinen Erfolg.

Zwar legalisiere die Änderung des Betäubungsmittelgesetzes Nutzhanf, doch nur zu „ausschließlich gewerblichen Zwecken“. Das sei bei Brainwash nicht der Fall gewesen. Eine Schaufensterdekoration sei doch ein gewerblicher Zweck, entgegnete Porst. Nein, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung, die schwarzen Töpfe, in denen die Pflanzen standen, seien „ästhetisch eher häßlich“, außerdem hätten die Pflanzen unter einer Lampe gestanden, was das Wachstum gefördert habe. Von Dekoration könne also keine Rede sein. Der niedrige THC-Gehalt der Pflanzen spiele keine Rolle, denn Hanf sei Hanf, und der sei verboten, es sei denn zu „gewerblichen Zwecken“. Das habe auch seinen Sinn, denn „bei Freigabe von Cannabis bis zu einem bestimmten THC-Gehalt für jedermann (würde) dem Mißbrauch mangels ausreichender Kontrollmöglichkeit Tür und Tor geöffnet werden.“ Auch Porsts Argumentation, er hätte keinem Polizisten eine Hanfpflanze geschenkt, hätte er gewußt, damit etwas Verbotenes zu tun, im Gegenteil, der Name des Beamten habe ihn an den biblischen König Salomon erinnert, auf dessen Grab eine (Hanf-)Pflanze der Weisheit gewachsen wäre, mochte das Gericht nicht folgen. Gerade er als Hanf-Unternehmer hätte wissen müssen, daß das verboten sei.

Also wurde Daniel Porst auch hier verurteilt, zu zwanzig Tagessätzen à 80 Mark, 2.000 Mark insgesamt, 400 Mark mehr als im ersten Urteil, wegen Unbelehrbarkeit. Für Porst eine „Anmaßung“ des Gerichts. „Alle im Gericht vorgebrachten Argumente wirken für mich wie ein Freispruch“, sagt der Verurteilte und läßt sich nicht entmutigen.

Porst will weiter in Revision gehen, im Zweifelsfall bis vor das Verfassungsgericht. „Mir geht es nicht darum, eine Pflanze zu verschenken, sondern um mehr.“ Als nächstes wird sein Fall vor dem Oberlandesgericht verhandelt werden. Denn die Beschlagnahmungen bei Brainwash sind kein Einzelfall. In ganz Bayern sind die Hanfläden staatlicher Repression ausgesetzt. Heartland, ebenfalls in Nürnberg ansässig, wurde unlängst zu 8.000 Mark Strafe verurteilt, ebenfalls wegen unerlaubten Besitzes nicht rauschmittelhaltiger Hanfpflanzen. Bei dem Hanfbauern Dupetit gab es gar eine Hausdurchsuchung, die in der Beschlagnahmung seiner Kundenkartei gipfelte.

Nur das Geld macht dem Brainwash-Inhaber zu schaffen. Bislang belaufen sich die Gerichtskosten und die Anwaltshonorare auf rund 10.000 Mark. Sollte der Fall tatsächlich in Karlsruhe landen, rechnet Daniel Porst mit einem Aufwand in fünffacher Höhe. Zwar hat er ein Spendenkonto eingerichtet, doch die Spendenfreudigkeit der Kiffer hält sich in Grenzen. Wenn er sich die Kiffer so anschaue, zweifle er manchmal daran, für wen er den Prozeß eigentlich führe.

Für Aufmerksamkeit hat der Prozeß auf jeden Fall gesorgt. „Auf der Post werde ich freundlich gegrüßt, wenn ich ein Paket aus Holland abhole“, erzählt Daniel Porst. Und auch der Polizei läßt Brainwash anscheinend keine Ruhe. Seit einigen Wochen stehen Tomaten im Schaufenster des Ladens. Am Tag der Berufungsverhandlung erkundigten sich zwei Polizisten, um was für Pflanzen es sich in seinem Laden handle. Erst als ihnen erklärt wurde, daß es Haschtomaten noch nicht einmal in Holland gebe, zogen sie von dannen.

Tobias Rapp

Spendenkonto: Postbank Nürnberg Konto Daniel Porst,

Stichwort Hanf gegen Bayern,

BLZ 76010085,

Konto-Nr. 10264-851