Sex in der Wüste

Wie erotisch ist die Uni? Eine Playboy-Studie vergibt an Hamburg den fünften Platz  ■ Von Ulrike Winkelmann

Ein ungeheures Gedränge wird die April-Ausgabe des Playboy allen politischen Veranstaltungen und Caféterien Hamburgs bescheren, denn laut seiner vom Emnid-Institut organisierten Umfrage „Uni-Sex“sind dies die Orte, wo Studierende einander naherücken.

Auch sonst lassen die Ergebnisse kein Auge trocken: Im Gesamtranking nimmt die Hamburger Uni immerhin Platz fünf unter 30 befragten Universitäten ein. Wie bloß ist der Campus, sonst ausgiebig als wüst und leer, wenn nicht gar lebensfeindlich geschmäht, zu diesem privilegierten Platz (hinter Frankfurt/Main, Münster, der FU Berlin und Saarbrücken) gekommen?

Besonders unfaßbar: Das dröge Volk, das sich verstört und windzerzaust um Philturm und Wiwibunker herumdrückt, darf plötzlich als Ansammlung von Potenzmonstern gelten, die nach Frankfurt/M. den meisten Sex pro Woche hat. Immerhin behaupten 28,5 Prozent der Hamburger Männer und 38,8 Prozent der Frauen, mindestens einmal täglich zu vögeln. 8,2 Prozent der Studentinnen und 5,9 Prozent der Studenten prunken mit mehr als 21 verschiedenen Lovern (Rang 10 bundesweit). Und tatsächlich haben schon 10,2 Prozent der Frauen mit einem der weltweit leblosesten Profs geschlafen. Aufgedröselt nach Fachbereichen, gleiten Zahlen und Figuren wieder in gewohnte Wahrnehmungsmuster: Natürlich sind die JuristInnen nicht nur notorisch hetero, sondern auch noch beziehungsfixiert. Selbstredend behaupten die SozialwissenschaftlerInnen immer noch, daß sie von schönen Augen (63 Prozent) und einer wohlklingenden Stimme (43 Prozent) am meisten erotisiert würden.

Kommentiert wird die repräsentative Lüge im Playboy – dessen Chefredakteur Nikolas Marten seine ersten journalistischen Meriten nicht umsonst vor mehr als zehn Jahren als Praktikant beim Bildungsblatt taz hamburg erwarb – vom ebenso unvermeidlichen wie unnachahmlichen Hamburger Anglistik-Professor Dietrich Schwanitz. Einmal mehr beweist Schwanitz, daß er den Ruf des Querdenkers, der ihm seit seinem Arztroman „Campus“vorauseilt, durchaus zu Recht trägt: Die Behauptung, die Uni sei ein „Soziotop, das für die Studenten vom unsichtbaren Licht erotischer Anregungsbereitschaft umstrahlt wird“, könnte phantasievoller und willkürlicher nicht sein.

In bewährt tabubrechender Manier bringt Schwanitz die Zahlen über sexuelle Belästigung – vom Playboy großzügig als Ausdruck von Erotik bewertet – mit der Einstellung von Frauenbeauftragten in Verbindung. Und „mit Begeisterung“nahm er zur Kenntnis, „daß 44 Prozent der Studenten in meinem Seminar zum Höhepunkt kommen“. Dieses kleine Mißverständnis dürfte auch ihm vollere Räume bescheren.