Krupp walzt Thyssen kalt

Hat Krupp schon 30 Prozent der Thyssen-Aktien in der Hand? Arbeiter fordern, daß die Thyssen-Chefs mit Dresdner und Deutscher Bank brechen  ■ Von Reiner Metzger

Berlin (taz) – Krupp-Hoesch hat sich bereits 30 Prozent der Thyssen-Aktien gesichert: Mit „institutionellen Anlegern“ – also diversen Fonds der großen Banken – soll es Absprachen geben, daß diese auf Wunsch ihre Aktien an die Essener Konzerneroberer abgeben. Dies meldete gestern das Handelsblatt. Genug Geld für eine Übernahme stünde Krupp-Chef Gerhard Cromme demnach ebenfalls zur Verfügung. Er habe sich Kredite von rund 15 Milliarden Mark gesichert. Krupp dementierte zweideutig: „Wir besitzen keine Thyssen-Aktien und kaufen gegenwärtig auch keine“, so ein Sprecher.

Daß Krupp selbst derzeit weniger als 5 Prozent der Thyssen-Aktien besitzt, hat allerdings niemand bezweifelt. Denn wenn ein Aktionär gewisse Beteiligungsschwellen an einer Aktiengesellschaft (5, 10, 25, 50, und 75 Prozent) überschreitet, wird eine Meldung sowohl an das Bundesamt als auch an das damit teilweise aufgekaufte Unternehmen fällig. Bis gestern lag jedoch weder Thyssen noch dem Aufsichtsamt eine Meldung über die Überschreitung der 5-Prozent- Schwelle vor – von einem 30-Prozent-Anteil ganz zu schweigen. Krupp kann jedoch Absprachen mit verschiedenen Bankentöchtern treffen. Dann besitzen die Essener zwar offiziell keine direkten Anteile am Konkurrenten aus Düsseldorf, bekommen die Anteilsscheine aber überschrieben, sobald sie sie brauchen.

Gestern verhandelten Cromme von Krupp-Hoesch und Thyssen- Chef Dieter Vogel wieder an einem geheimen Ort über eine Fusion der Stahlbereiche der beiden Konzerne. Thyssen baut gerade ein alternatives Bankenkonsortium auf. Vor allem US-Banken sollen das Unternehmen bewerten. Wenn der Wert von Thyssen höher ist als das derzeitige Angebot von Krupp für die Aktien (6,3 Milliarden Mark für eine Mehrheitsbeteiligung), müßte Krupp noch mal nachlegen, um die Aktionäre zum Verkauf zu bewegen.

Die Hochöfen und Walzwerke arbeiten inzwischen wieder. Die Stahlarbeiter wollen aber nun die Banken angreifen, die die Firmenübernahme unterstützen. 2.000 Betriebsräte von Thyssen wollten gestern ihre Konzernspitze zum Bruch mit der Deutschen und der Dresdner Bank bewegen. Außerdem versuchten Vertrauensleute von Krupp-Hoesch, Ministerpräsident Johannes Rau auf einer Bergbaukonferenz in Gelsenkirchen abzufangen. Rau soll sich für den Erhalt der Stahlarbeitsplätze einsetzen. Die Landesregierung ist nach bisherigen Aussagen nicht grundsätzlich gegen eine Fusion der beiden Stahlriesen.