Die eigene Wahl torpedieren

Hauskrach bei der Hamburger PDS: Gegen den Willen von Gregor Gysi will sie bei der Bürgerschaftswahl im September antreten  ■ Von Volker Stahl

Die PDS wird zur Bürgerschaftswahl am 21. September in Hamburg antreten. Das beschloß die Partei am Wochenende auf ihrer Landesversammlung in einem Winterhuder Lokal mit der knappen Mehrheit von 26 zu 23 Stimmen bei drei Enthaltungen. Der Entscheidung über die Kandidatur waren zum Teil heftige Wortgefechte vorausgegangen. Auch die extra angereiste PDS-Eminenz Gregor Gysi vermochte die Wogen nicht zu glätten. Die Hamburger PDS-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke kündigte gar an, daß die Bundes-PDS den Beschluß „torpedieren“werde.

Landessprecherin Kirsten Radüge hatte gefordert, bei der Bürgerschaftswahl nicht auf Tauchstation zu gehen: „Wer nicht kandidiert, macht Wahlkampf für andere. Das ganze rechte Spektrum tritt an. Wir dürfen denen nicht das Feld überlassen.“Die einflußreiche Hamburger „Arbeitsgemeinschaft Landespolitik“um Christine Schneider und den PDS-Bundesbildungs-Sprecher Horst Bethge stellte hingegen den Antrag, der Landesverband Hamburg möge „sich nicht mittels einer Kandidatur an den Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft und den Bezirksversammlungen“beteiligen. „Ein Nichtantritt wäre zwar ein Zeichen der Schwäche, ein Antritt käme aber einem politischen Fiasko gleich“, offerierte Schneider die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Sie erinnerte an die mäßigen Erfolge des rund 200 Mitglieder zählenden Landesverbandes in der Vergangenheit. Bei der Bürgerschaftswahl 1991 erhielt die PDS 0,5 Prozent der Stimmen. Das gleiche Ergebnis erzielte die Linke Alternative bei den vorgezogenen Wahlen 1993. Die PDS war vor vier Jahren nicht angetreten.

„Die Atmosphäre in diesem Saal schließt einen Wahlkampf aus“, befand Gregor Gysi. Er warf dem Hamburger Landesverband vor, „interne Kritik, zum Teil feindseliger als am politischen Gegner,“zu betreiben. „Ein Stöhnen“, so Gysi „geht durch den Raum, wenn man bei PDS-Versammlungen im Osten den Hamburger Landesverband erwähnt.“

Eine Kandidatur in Hamburg sei ein Fehler: „Ich gehe davon aus, daß ein besseres Ergebnis als 1991 und 1993 nicht zustande kommt“, prophezeite er. Die Wirkung einer möglichen Niederlage auf die ein Jahr später stattfindende Bundestagswahl müsse bedacht werden. Gysi weiter: „Die PDS hat nur eine Chance, wenn sie bundesweit denkt. Wir dürfen uns in Hamburg keinen Mißerfolg erlauben.“

Der engagiert vorgetragene Appell der Lichtgestalt der PDS zeigte wenig Wirkung. Kurz nach Bekanntgabe des Ergebnisses verließ er schnellen Schrittes den Raum. Harsche Kritik am Abstimmungsverhalten der Hamburger Genossen übte Ulla Jelpke: „Ich bedauere es sehr, daß die Mehrheit diesen Beschluß durchgezogen hat. Man kann die Beteiligung an der Wahl doch nicht gegen Bundestagsvorstand und -gruppe durchziehen.“