„Deutsche Schlager? – warum nicht!“

■ Afrikanische Studenten veranstalten „Afro-internationalen Tanzabend“/ Der taz verrieten sie ihre Hintergründe

Einige afrikanische Studenten haben die Schnauze voll. Immer wieder wurden und werden sie aus dem kulturellen Leben in der Hansestadt ausgeschlossen. Doch statt sich darüber „nur“zu ärgern, sind sie kurzerhand selbst aktiv geworden. Auf ihre Initiative gibt es jetzt an jedem zweiten Sonntag einen „Afro-Internationalen Tanzabend“in der Disco Chagall. Was sich dahinter verbirgt, erzählte Projektleiter Losséni Koné im Gespräch mit der taz.

taz: Afrikanische Musik, Bands sowie Vorträge und Lesungen: All das ist künftig im Chagall geplant – sozusagen ein ganzer Abend im Zeichen afrikanischer Kultur. Was steckt hinter dieser Idee?

Losséni Koné: Ich studiere Wirtschaftswissenschaften an der Bremer Uni und arbeite gleichzeitig als Sozialberater für ausländische Studenten im AStA. Und was ich da so von Studenten höre, die neu aus Afrika nach Bremen kommen, ist schlimm. Sie wollen gerne kulturell etwas unternehmen, aber sie sind abgeschottet und haben gar keinen Kontakt zu Deutschen. Generell alle Discotheken, obwohl das krass ist, lassen uns nicht herein. Im Stubu ist es am schlimmsten, im Capitol auch nicht besser.

Was passiert da?

Man kommt dahin, und es wird gesagt, daß man eine Clubkarte braucht. Man muß Stammgast sein. Oder man muß seinen Ausweis zeigen. Ich habe mal eine Probe mit zwei deutschen Kommilitonen von mir gemacht: Sie waren noch nie im Stubu und kamen sofort herein.

Es wird oft gesagt, die Türsteher weisen mit der Begründung ab: Unsere Gäste wollen keine Schwarzen im Lokal haben.

Ja. Das auch. Sie haben uns aber auch gesagt, daß Ausländer gewalttätig sind, daß sie keine Messerstechereien im Lokal haben wollen. Ich würde es ja verstehen, wenn sie alle Gäste am Eingang durchsuchen würden. Aber so ist es einfach diskriminierend.

Haben Sie bereits versucht, mit den Discobesitzern ins Gespräch zu kommen – als offizieller AStA-Vertreter?

Ich habe das Gespräch im Stubu, im Delight und im Moments gesucht.

Im Moments auch?

Ja, da ist es auch so. Wenn ich vom Goethe-Institut komme und noch mehrere Studenten mitnehme, sagen sie zu mir: Losséni wir kennen Dich, aber zu fünft können wir euch nicht hereinlassen. Eben immer mit der Begründung, daß die Gäste uns nicht wollen. Gespräche helfen da gar nicht weiter.

Und was machen Sie, wenn Sie abgewiesen werden?

Das ist ein Frust. Du bist einfach nicht erwünscht und das ist ein schreckliches Erlebnis. Wir treffen uns deshalb hauptsächlich im Studentenwohnheim, sitzen zusammen und trinken Kaffee, erzählen Geschichten von zu Hause. Und dann sind wir eines Tages zu dem Entschluß gekommen: Wenn die Türen zu sind, dann müssen wir eben das Fenster aufmachen – und einfach die Menschen zu uns einladen.

Andersherum sozusagen.

Genau. Ich habe einfach ein paar Discotheken angerufen und so kamen wir per Zufall auf das Chagall.

Ist der Chagall-Chef denn offener als die anderen?

Ja. Er ist auch Ausländer und kommt aus dem Iran.

Der Abend soll ein Stück Heimat bieten. Aber gleichzeitig wollen Sie sich nicht isolieren. Wie soll das funktionieren?

Die Leute dürfen diesen Ort oder die Veranstaltung nicht als Ghetto für Afrikaner verstehen. Es soll ein Treffpunkt sein, an dem wir mit Deutschen und anderen Nationalitäten in Kontakt kommen. Wir wollen mit unserer afrikanischen Musik ein multikulturelles Publikum ansprechen, planen Lesungen und Vorträge über afrikanische Länder, Länderabende mit Musik und Dias. Wir könnten auch Künstler einladen oder Reisen nach Afrika organisieren. Für Nicht-Afrikaner, die mit einem afrikanischen Studenten ein Land besichtigen wollen.

Es gibt dann im Chagall zum Beispiel Musik wie „Rai“, „Soukous“oder „Makossa“zu hören. Was bitte ist das?

Rai ist nordafrikanisch, davon wird der ganze Nordafrikanische Raum angesprochen. Das ist eine arabische Musik aus den Regionen Algerien, Marokko und so weiter. „Soukus“und „Makossa“wird in Zentralafrika getanzt. „Zulutanz“ist aus Südafrika und „M–Balax“ist aus dem Senegal. Aber wir könnten uns auch deutsche Schlagermusik vorstellen (lacht).

Auch nicht schlecht.

Ja. Warum eigentlich nicht. Es geht ja bloß darum, daß sich alle wohlfühlen und daß wir eine andere Atmosphäre schaffen.

Fragen: Katja Ubben

Nächster Tanzabend am 6.4. ab 18 Uhr im Chagall, Breitenweg. Die Initiatoren suchen SpenderInnen oder AktionärInnen. Kontakt bei Projektleiter Losséni Koné unter 24 90 32. Konto für Direktspenden 12 57 37 70 bei der Sparkasse in Bremen, (BLZ) 290 501 01.